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Qualitätsmanagement in der Erwachsenenbildung

 

Im Folgenden sind Auszüge aus einer umfangreichen, wissenschaftlichen Untersuchung zum Qualitätsmanagement in der Erwachsenenbildung aufgeführt. Wer Interesse an weiteren Informationen hat, kann sich gerne an die Verfasserinnen wenden.


Mehr Informationen zur Untersuchung zum Qualitätsmanagement in der Erwachsenenbildung


Hier finden Sie eine ausführliche Liste zur verwendeten Literatur (ca. 400 kB).

 

 

Total Quality Management (TQM) unter besonderer Berücksichtigung  des europäischen Modells der European Foundation for Quality Management (EFQM)

 

Total Quality Management betrachtet ein Unternehmen als eine Einheit von Systemen, die aufeinander abgestimmt sein müssen und ineinander greifen. Qualität erfasst dieser Auffassung nach alle Prozesse im Betrieb und unterliegt selbst einem fortwährenden Wandel.

Eine kontinuierliche qualitative Erfassung aller Abläufe im Unternehmen ist Grundvoraussetzung für Verbesserungen. Dabei sind alle Maßnahmen darauf ausgerichtet, Zufriedenheit zu erzielen. Dies gilt sowohl für Kunden/innen als auch für alle Personen des Unternehmens selbst (vgl. Oess 1989, S. 82ff; Frey/Hobi 1997, S. 13).

Ein TQM-Konzept kann nur funktionieren, wenn alle Mitarbeiter/innen eines Unternehmens involviert sind. Das gelingt unter anderem durch eine schlüssige, verständliche und allen bekannte Unternehmensphilosophie. Der Qualitätsbegriff dieser Philosophie umfasst mehr als nur die Produktqualität. Dienstleistungen, Prozesse, Kontakte nach außen und Arbeitsbedingungen sind ebenfalls mit eingeschlossen. Diese umfangreiche Berücksichtigung der verschiedensten Komponenten eines Unternehmens ergibt sich aus dem Ziel der Qualitätspolitik, das Auftreten von möglichen Mängeln und Beschwerden schon im Vorfeld zu verhindern. Qualitätsdefizite sollen erst gar nicht entstehen (vgl. Oess 1989, S. 125ff; Zink 1995, S. 47).

Die Qualitätsphilosophie wird mittels der Formulierung einer Vision und der Formulierung von Grundsätzen so verdeutlicht, dass sie dann allen „...Mitgliedern der Organisation entsprechende Identifikationsmöglichkeiten eröffnet“ (Zink 1995, S. 48; vgl. Oess 1989, S. 133).

 

Es existieren verschiedene TQM-Modelle. In Europa wird größtenteils das Modell der European Foundation for Quality Management (EFQM), die ihren Sitz in Brüssel hat, eingesetzt.

Das europäische Modell ist zum einen so entwickelt, dass es mit den anderen Modellen vergleichbar ist, und zum anderen so offen gestaltet, dass möglichst viele Unternehmenstypen sowie nationale Unterschiede berücksichtigt werden (vgl. Ellis 1994, S. 279; Kaufmann 1997, S. 23f; Zink 1995, S. 99). Das Andersartige ist die Zweiteilung in den Bereich der Befähiger – auch „Enablers oder Potentialfaktoren“ (Zink 1995, S. 99) – und den Bereich der Ergebnisse (Results). Jedem der Gebiete werden 50% Wichtigkeit zugeteilt. Zu den Befähigern gehören die Mitarbeiter/innen und die Prozesse im Betrieb (siehe Abbildung 7). Es handelt sich um die Teile eines Unternehmens, in denen Leistung erbracht wird. Die Kriterien, die unter die Rubrik Ergebnisse fallen, „...bewerten die Zufriedenheit der vier Hauptkunden (externe Kunden, Investoren, Mitarbeiter und das gesellschaftliche Umfeld)...“ (Franz 1999, S. 18).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die Hauptfaktoren werden noch einmal ergänzt. So ergibt sich folgendes Bild (siehe Abbildung 8):

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


In der Abbildung lassen sich die Verhältnisse der einzelnen Rubriken zueinander erkennen. Auf der Kunden/innenzufriedenheit liegt mit 20% die größte Gewichtung.

Die einzelnen Bereiche des EFQM-Modells werden von einer fortlaufenden Bewertung und Verbesserung bestimmt. Alle Faktoren sind miteinander verknüpft. Jeder Einzelne von ihnen ist wichtiger Bestandteil des Modells. Nur wenn alle Berücksichtigung finden, kann wirklich umfassendes Qualitätsmanagement betrieben werden.

Die EFQM gibt für jeden Teilbereich des Modells nochmals differenziertere Empfehlungen zur konkreten Umsetzung an die Hand. Diese dienen zur Orientierung bei der Implementierung eines Qualitätsmanagements nach dem europäischen Modell. Des Weiteren stellen sie die Vorgaben dar, die erfüllt werden müssen, wenn ein Unternehmen sich für das jährlich einmal verliehene Preisgeld der EFQM bewerben möchte. Denn wie bei den meisten TQM-Systemen besteht auch beim Modell der EFQM die Möglichkeit, sich für einen sogenannten Qualitätspreis (Award) zu bewerben. Der European Quality Award (EQA) richtet sich nach den Maßgaben des Modells. Will ein Unternehmen das Preisgeld bekommen, müssen die vorgegebenen Elemente bestmöglich erfüllt werden. In Abbildung 8 sind unter der jeweiligen Rubrik Prozentzahlen angegeben. Diese Zahlen zeigen an, wie stark der einzelne Aspekt im EFQM-Modell gewichtet wird. Das vorrangige Bewertungsinstrument stellt zunächst die Selbstkontrolle dar. Daran schließen sich Fremdbeurteilungen von professionellen Assessoren an. Die externen Begutachter verteilen für die Erfüllung der Vorgaben Punkte. Das Unternehmen, das die höchste Punktzahl erreicht, ist Preisgewinner, wobei eine bestimmte Mindestpunktzahl vorgegeben ist. Der Prozess von Evaluation und Verbesserung findet im zweijährigen Turnus statt.

Selbst wenn der EQA letzten Endes nicht erlangt werden kann, ist der gesamte Vorgang von großer Bedeutung für die Implementierung eines Total Quality Management-Systems oder ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Steigerung der Qualität (vgl. Alt/Ramlow 1997, S. 62f; Frey 1997, S. 20).

 

Übersetzung des EFQM-Gedankens in die Erwachsenenbildung

 

Wenn eine Erwachsenenbildungseinrichtung das EFQM-Modell als Grundlage für die Qualitätsentwicklung heranziehen möchte, steht sie zunächst vor einigen Herausforderungen bzw. Schwierigkeiten:

 

1.    Beim EFQM-Modell ist bei einigen Teilen eine erwachsenenpädagogische Interpretation notwendig.

 

2.    Es gibt keine allgemeingültige Übersetzung der EFQM-Bausteine in die Erwachsenenbildung.

 

3.    Das Verfahren kann von der Einrichtung unmöglich ohne externe Hilfe von Experten/innen übertragen und angewendet werden.

 

4.    Das EFQM-Modell ist extrem umfangreich.

 

Die EFQM-Kriterien wurden so zusammengestellt, dass sie für möglichst viele Unternehmenstypen geeignet sind. Das schließt Einrichtungen der Erwachsenenbildung ebenso mit ein bzw. nicht aus.

 

Aufgrund der EFQM-Philosophie, dass alle Beteiligten und alle Prozesse einer Institution in die Überlegungen mit eingebunden werden müssen, ergeben sich sehr individuelle Lösungen bei der Anwendung des EFQM-Modells.

Für den Bereich der Erwachsenenbildung lässt sich generell jedoch empfehlen, die einzelnen Bausteine des Modells mit Hilfe von Selbstevaluationsmaßnahmen zu erfassen und im Anschluss daran Verbesserungen vorzunehmen.

In einem späterem Punkt werden verschiedene Selbstevaluationsverfahren dargestellt, darunter auch das von Hans-Werner Franz und anderen (vgl. 1999, S. 21ff) auf der Basis des EFQM-Modells entworfene Erhebungsinstrument. Dessen Vorgaben und Verfahrensmöglichkeiten dienen in Form einer Selbstbewertung dazu, eine umfassende Qualitätsentwicklung durchzuführen. Dieses Vorgehen kann von unterschiedlichem Umfang sein. Die Möglichkeiten reichen von einer Durchführung der Selbstevaluation ausschließlich durch die Leitung bis hin zur Einbeziehung aller Mitarbeiter/innen (vgl. a.a.O., S. 18).

Da Qualitätsentwicklung die ganze Einrichtung betrifft und einschließt, bietet es sich an, alle Betroffenen zu beteiligen, um so auch die Akzeptanz bei den Mitarbeitern/innen für die Maßnahme und für ihre Folgen zu steigern.

 

Eine andere Variante, das EFQM-Modell in die Erwachsenenbildung zu übersetzen, wird von Wolfgang Grilz (vgl. 1998, S. 21ff) in Form eines Qualitätsmanagement-Handbuchs auf EFQM-Basis eingebracht. Auch diese Strategie wird an anderer Stelle noch genauer vorgestellt.

 

Die beiden Übersetzungsentwürfe sind in ihrer Herangehensweise an den Gegenstand unterschiedlich konstruiert, dennoch wird jeder den Anforderungen und Besonderheiten der Erwachsenenbildung gerecht.

Das Modell von Franz zielt auf die Ermittlung von Kennwerten ab, anhand derer die Einrichtung konkrete Hinweise auf Stärken und Schwächen ablesen kann. Bei Grilz findet eine detaillierte Auseinandersetzung mit qualitätsrelevanten Aspekten statt, die genau dokumentiert werden. Evaluationsmaßnahmen werden nur in ausgewählten Teilbereichen durchgeführt. 

 

Auf weitere EFQM-Übersetzungen wird nicht eingegangen, da diese zu komplex sind und den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würden.

 

Kritische Auseinandersetzung mit dem EFQM-Modell im Hinblick auf die Erwachsenenbildung

 

1.   Qualitätsverständnis

Das EFQM-Modell hat ein offenes Qualitätsverständnis. Die obersten Grundsätze des Konzeptes sind die Zufriedenstellung der Kunden/innen und des eigenen Betriebes. Entsprechend werden laufend der Bedarf und die Wünsche von Teilnehmern/innen hinterfragt und gegebenenfalls Veränderungen angestrebt.

In der Erwachsenenbildung müssen mit diesen grundlegenden Prinzipien  auch erwachsenenpädagogische Erkenntnisse verknüpft werden. Das heißt, dass die ursprüngliche Ausrichtung auf die Kunden/innen zur Teilnehmer/innen- und Zielgruppenorientierung wird.

Es darf dabei dann nicht um eine ausschließliche Berücksichtigung didaktischer Prinzipien der Erwachsenenbildung gehen, sondern Zweck, Inhalt und Philosophie müssen zu einer Einheit werden. Klaus J. Zink (1995, S. 119) hebt in diesem Zusammenhang generell für Qualitätsmanagement-Ansätze hervor, dass „...es keinen Unterschied zwischen dem Unternehmenszweck und dem eines TQ-Ansatzes geben [kann; d.V.]. Dies setzt allerdings ein erweitertes und vertieftes Verständnis voraus, wie positive Geschäftsergebnisse auf Dauer – und nicht kurzfristig zu Lasten einzelner Zielgruppen (wie z.B. der Mitarbeiter oder der Gesellschaft) – zu erreichen sind“.

 

2.   Gegenstandsbereich des Qualitätskonzeptes

Positiv hervorzuheben ist an Total Quality Management-Systemen ihre große Reichweite. Sie umfassen, wenn sie ernsthaft eingesetzt werden, alle Bereiche einer Einrichtung. Dabei muss das Konzept nicht gleichzeitig überall greifen, sondern kann langsam aufgebaut werden (vgl. Gnahs 2000, S. 13).

 

3.   Stärken-Schwächen-Analyse

Die kontinuierliche Erfassung der gesamten Einrichtung gehört zu den wichtigsten Grundätzen des TQM-Gedankens (vgl. Zink 1995, S. 122f). Hierbei sind die verschiedensten Wege der Datenerhebung, wie Selbst- und Fremdevaluation bzw. Berücksichtigung indirekter Faktoren,  zu denen Fehlzeiten, Krankheit und Fortbildungsbereitschaft von Mitarbeitern/innen gehören, einzuschlagen (vgl. a.a.O., S. 194).

Bei der Auswertung der erhobenen Daten soll laut EFQM von der Einrichtung hinterfragt werden, inwieweit Qualitätsziele bereits erreicht wurden und ob es generell zu Verbesserungen gekommen ist (vgl. a.a.O., S. 199f). Für die Institution werden wichtige Qualitätsbereiche besonders hervorgehoben und dargestellt. Auf diese Weise wird die Vielzahl der Einzelergebnisse überschaubar gehalten. Es können zukünftige Arbeitsschwerpunkte gesetzt werden (vgl. a.a.O., S. 212ff).

Das EFQM-Konzept spricht im Zusammenhang mit den Stärken-Schwächen-Analysen zudem die Wichtigkeit von adäquaten Befragungssituationen und –designs an (vgl. a.a.O., S. 183f) und mahnt, nur Evaluationen durchzuführen, wenn die Bereitschaft besteht, deren Ergebnisse in die Arbeit einfließen zu lassen (vgl. a.a.O., S. 197).

Diese letzte Vorgabe verdeutlicht, dass ein TQM-System ganz klar Qualitätsverbesserungen im Blick hat und nicht als Alibi oder politisches Instrument fungieren kann.

 

4.   Entwicklungsbezug

TQM-Konzepte sind grundsätzlich auf Entwicklung ausgerichtet. Es handelt sich um eine Philosophie, die eine Einrichtung verinnerlichen muss, damit sie überhaupt voll zum Tragen kommen kann. Einzelne TQM-Instrumente werden von vielen Erwachsenenbildungsanbietern jedoch als Einstiegs- oder Testphase für Qualitätsmanagement verwendet. Aber erst wenn die Einrichtung in allen Bereichen erfasst wird, darf wirklich von TQM die Rede sein.

 

5.   Partizipation

Ein TQM-Konzept berücksichtigt den gesamten Betrieb, das heißt auch, dass es nur funktionieren kann, wenn alle Mitarbeiter/innen einer Institution beteiligt sind (vgl. Oess 1989, S. 125ff; Zink 1995, S. 47). Die vorrangige Strategie heißt daher bottum-up.

 

Die Betonung der Mitarbeiter/innenzufriedenheit, die die Wertschätzung von Innovationen und von Verbesserungsvorschlägen des Personals beinhaltet, ist eine Kernkomponente des Konzeptes (vgl. Zink 1995, S. 131)..Menschen, die sich in ihrer Kompetenz – die sie in der Regel im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsplatz besitzen – ernst genommen fühlen, sind bereit, mehr zu leisten. Die Übernahme von Verantwortung stärkt nicht nur die Persönlichkeit der Mitarbeiter/innen, sondern auch die Leistungsfähigkeit der Erwachsenenbildungseinrichtung (vgl. a.a.O., S. 142). Ein für die Partizipation von Mitarbeitern/innen wichtiger Aspekt besteht folglich in der Bereitstellung von kontinuierlichen Bildungsmöglichkeiten.

Fort- und Weiterbildung sind dementsprechend beim EFQM-Konzept ausnehmend wichtig (vgl. a.a.O., S. 136f). Besonders auch Führungskräfte sind aufgefordert, ihre Fähigkeiten ständig zu erweitern. So müssen sie gerade unter den Gesichtspunkten von TQM lernen, Vorschläge ihrer Mitarbeiter/innen konstruktiv anzunehmen und zu fördern (vgl. a.a.O., S. 142).

 

Eine konsequente Berücksichtigung des EFQM-Modells in der Erwachsenenbildung bedeutet, dass ehrenamtliche Mitarbeiter/innen, Dozenten/innen auf Honorarbasis oder kooperierende Institutionen auch als Beteiligte gesehen und somit in alle Überlegungen des Qualitätsansatzes integriert werden müssen.

 

6.   Außenwirkung

Die Außenwirkung wird beim EFQM-Konzept auf vielseitige Art angestrebt. Die Ausrichtung auf Teilnehmer/inneninteressen bringt es mit sich, dass Service, Bedarfsorientierung und die Qualität der einzelnen Bildungsmaßnahmen mit Hilfe unterschiedlicher Verfahren permanent verfolgt bzw. optimiert werden (vgl. Zink 1995, S. 185).

 

Das EFQM-Modell zeichnet sich unter den TQM-Konzepten dadurch aus, dass es auch Rücksichtnahme auf die Umwelt und Maßnahmen zur Förderung des Gemeinwohls einfordert (vgl. a.a.O., S. 209). Mit derartigen Aktivitäten kann eine beachtliche Außenwirkung erzielt werden.

 

Über das Prinzip des Benchmarkings (siehe Punkt 10.1.) werden zusätzlich sowohl Konkurrenz als auch Kooperation mit anderen Einrichtungen gefördert, was ebenfalls einen nach außen wirkenden Faktor darstellt (vgl. Gnahs 2000, S. 13).

 

Bei allen nach außen gerichteten Tätigkeiten ist jedoch nicht geklärt, inwieweit sie dazu dienen, das Qualitätsmanagement einer Institution für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu machen. In diesem Punkt kommt es auf die Art der Umsetzung an.

 

7.   Handhabbarkeit

Mit der Handhabbarkeit ist ein Problemfeld des EFQM-Modells angesprochen. Es ist sehr umfangreich und bringt zunächst einen großen Kosten- und Personalaufwand mit sich. Besonders die Anfangsphase erfordert Mehrarbeit, Zeit und Geld. Dennoch ist es unbürokratischer als die DIN EN ISO 9000 ff. (vgl. Gnahs 2000, S. 13).

 

9.   Unterstützung

Für den Einstieg in das EFQM-Konzept ist dringend externe Unterstützung notwendig (vgl. Gnahs 2000, S. 13). Es müssen nicht nur Übersetzungsleistungen der betriebswirtschaftlich ausgerichteten EFQM-Bausteine erbracht, sondern auch umfangreiche Mitarbeiter/innenschulungen durchgeführt werden.

 

 

Ergänzende Bewertung

Die Basis von TQM stellt eine Philosophie dar, die von allen Personen in einer Einrichtung verinnerlicht werden muss. Diese Philosophie hat dementsprechend jede einzelne Person so anzusprechen, dass sie gegebenenfalls bereit ist, ihre Werte und Einstellungen zu ändern (vgl. Frey/Hobi 1997, S. 14).

Wenn ein umfassendes TQ-System neu eingeführt wird, müssen eventuell Widerstände bei Mitarbeitern/innen überwunden werden. Gerade in der Anfangsphase ist es daher absolut unerlässlich, viele Schulungen oder Workshops durchzuführen. Es müssen Zeichen gesetzt werden, die das neue System plausibel machen.

Die Notwendigkeit von Veränderungsbereitschaft der Führungskräfte und des gesamten Personals ist folglich ein kritischer Punkt im TQM. Eine Einrichtung, die hier scheitert, lebt das Qualitätsmanagement-Modell nicht. Dies zeigt sich an vielen Beispielen aus der Wirtschaft, bei denen das TQM-System lediglich Makulatur darstellt.

Bei der Vielzahl der möglichen Instrumente ergibt sich die Frage, welche insbesondere auch für den eigenen Betrieb sinnvoll sind. Professor Karl Frey und Andreas Hobi (vgl. ebd.) machen darauf aufmerksam, dass die sogenannten Tools weder theoretisch fundierte Auswahlkriterien vorweisen noch hinsichtlich ihrer Wirksamkeit untersucht wurden.

 

Für eine Übertragung von TQM-Systemen in die Erwachsenen- oder Weiterbildung müssen Anpassungen durchgeführt werden (vgl. Gnahs 2000, S. 13). Hier sind externe Berater/innen eine hilfreiche Unterstützung.

Autorin: Alexandra Szymaniak/Diplom-Pädagogin (Univ.)

 

Die Normenreihe DIN EN ISO 9000 ff.

 

Als Grundlage für die folgenden Ausführungen dient die 1994 vom Deutschen Institut für Normung e.V. herausgegebene Norm.

 

Der Ursprung, der aus der Fertigindustrie stammenden Norm, ist immer noch deutlich erkennbar und erschwert den Transfer in andere Arbeitsgebiete. Pfitzinger (1995, S. 12) gibt als Hilfestellung in diesem Zusammenhang an, dass dieser „...Schwierigkeit (...) jedoch durch Leitfäden Rechnung getragen [wird; d.V.], die bei der Umsetzung auf andere Branchen helfen und die Bestandteil der Normengruppe sind...“.

 

Das oberste Ziel der DIN EN ISO 9000 ff. ist die Kunden/innenorientierung. Mit ihrer Berücksichtigung kann der Träger der Weiterbildungseinrichtung seine eigenen Qualitätsziele definieren (vgl. Alt 2000, S. 41). Kunden/innenorientierung bleibt trotzdem eine relative Größe, da sie nicht explizit überprüft wird. Wichtig für die DIN EN ISO 9000 ff. ist nicht eine Prüfung des Endprodukts nach bestimmten Qualitätskriterien, sondern eine qualitätssichere Regelung bestimmter Bereiche in den Arbeitsabläufen (vgl. Pfitzinger 1995, S. 13). Mit den Normvorgaben will sie Fehler frühzeitig erkennen, um im Nachhinein eine zeit- und kostenintensivere Fehlerbehebung zu vermeiden, und professionelle Organisation sowie Verwaltung ermöglichen (vgl. Pfitzinger 1995, S. 13; Bender 1997, S. V3/1). Die DIN EN ISO 9000 ff. versucht die Planung und Schaffung von Produkten und Bildungsveranstaltungen für jeden nachvollziehbar machen und Zuständigkeiten schriftlich festhalten (vgl. Bender 1997, S V3/1).

 

Die Normengruppe DIN EN ISO 9000 ff. besteht aus mehreren Einzelnormen, die sich in die Kategorien Auslegungs- und Anwendungshilfen, Nachweisstufen sowie Leitfäden untergliedern (vgl. Pfitzinger 1995, S. 14).

Ein Unternehmen kann immer nach folgenden drei Nachweisstufen zertifiziert sein: DIN EN ISO 9001; DIN EN ISO 9002; DIN EN ISO 9003. Diese Nachweisstufen beinhalten unterschiedlich hohe Anforderungen, die ein Unternehmen erbringen muss, um der Überprüfung durch externe Audits standzuhalten. Die DIN EN ISO 9001 besitzt die meisten Normelemente, die bei einer entsprechenden Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 erfüllt sein müssen (siehe Abbildung 4).

 

Textfeld: Die Nachweisstufen der ISO mit Blick auf die Weiterbildung
 

Abb. 4: (Landesgewerbeamt 1995, S. 30, entnommen aus: Siebert 1997, S. 277)
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Der Besitz eines Qualitätsmanagement-Handbuchs (QMH) ist von der DIN EN ISO 9000 ff. vorgeschrieben. Es soll Mitarbeitern/innen und Kunden/innen helfen, da dort, die Umsetzung der Normanforderungen dokumentiert wird. Der Aufbau des QMHs orientiert sich in der Regel an der Nachweisstufe, die eine Einrichtung anstrebt. Diese Struktur vereinheitlicht das Qualitätsmanagement-Handbuch und erleichtert die Arbeit der Auditoren (vgl. Pfitzinger 1995, S. 78f).

 

 

 

Übersetzung des DIN ISO-Gedankens in die Erwachsenenbildung

 

Wie bereits erwähnt liegt der Ursprung des ISO-Gedankens in der Wirtschaft. Eine Übersetzung der DIN EN ISO-Normenreihe auf die allgemeine Weiterbildung ist daher notwendig.

Angelehnt an die von Katrin Klüber und Carsten R. Löwe (vgl. 1995, S. 149) als schwer übertragbar gesehenen Elemente der DIN EN ISO 9001 (siehe Spalte b in Abbildung 5) wird im folgenden Verlauf die Übersetzung dieser Elemente in die Erwachsenenbildung diskutiert und gegebenenfalls um schwer interpretierbare Normelemente erweitert.

 

Textfeld: Abb. 5: (inhaltlich entnommen aus: Klüber/Löwe 1995, S. 149)

QS-Element der Norm

Übersetzung für Bildungs-einrichtungen

a

b

c

1.     Verantwortung der obersten Leitung

Führungsaufgaben

 

 

2.     Qualitätssicherungssystem

Qualitätsmanagementsystem

 

 

3.     Vertragsüberprüfung

Werbung und Prüfung der Verträge

 

 

4.     Designlenkung

Neu- und Weiterentwicklung von Bildungsmaßnahmen

 

 

5.     Lenkung der Dokumente

Dokumentation des  Quali-tätsmanagementsystems

 

 

6.     Beschaffung

Beschaffung von Produkten und Leistungen

 

 

7.     Vom Auftraggeber beigestellte Produkte

Vom Kunden eingebrachte Leistungen

 

 

8.     Identifikation und Rückverfolg-barkeit von Produkten

Kennzeichnung der Bildungsmaßnahmen

 

 

9.     Prozeßlenkung

Durchführung von Bildungsmaßnahmen

 

10.  Prüfungen

Prüfungen

 

11.  Prüfmittel

Prüfmittel

 

12.  Prüfstatus

Prüfstatus

 

 

13.  Lenkung fehlerhafter Produkte

Fehlerbehandlung

 

 

14.  Korrekturmaßnahmen

Korrekturmaßnahmen

 

 

15.  Handhabung, Lagerung, Verpackung, Versand

Handhabung, Lagerung, Verpackung, Versand

 

 

16.  Qualitätsaufzeichnungen

Qualitätsaufzeichnungen

 

 

17.  Interne Qualitätsaudits

Interne Qualitätsaudits

 

 

18.  Schulung

Schulung

 

 

19.  Kundendienst

Kundendienst

 

 

20.  Statistische Methoden

Statistische Methoden

 

 

a: problemlos übertragbar   b: Interpretation notwendig   c: nur teilweise relevant

 

 

 

 

Interpretiert aus Sicht der Erwachsenenbildung bedeutet die Vertragsüberprüfung (3. Element), dass durch die Anmeldung des/der Teilnehmers/in bestimmte Vertragsregeln gelten, die sichergestellt und geprüft werden müssen. Aspekte wie Rücktrittserstattung im Krankheitsfall und Verfahren bei Abbruch eines Kurses werden mit dem/der Teilnehmer/in geregelt.

Auch das Werbeverfahren fällt unter das 3. Element. Programmheft, Plakate und Handzettel müssen Inhalte der Veranstaltungen klar erkennbar machen. Letztendlich darf nichts versprochen werden, was die Einrichtung bzw. der Kurs später nicht erfüllt (vgl. Pfitzinger 1995, S. 27; Klüber/Löwe 1995, S. 150).

Dieses Element der DIN EN ISO 9001 spielt eine große Rolle bei der Gewinnung des Vertrauens der Teilnehmer/innen und ist entscheidend für das Wohlgefühl sowie die guten Erfahrungen der Teilnehmer/innen. Erfüllt die Weiterbildungseinrichtung diesen Gesichtspunkt, kommen die Besucher/innen der Veranstaltungen und Seminare wieder.

 

Die beruflichen Ansprüche, die an die Gesellschaft gestellt sind, sowie Fortschritte in Technik und Medizin schreiten laufend voran. In diesem Zusammenhang ändern sich auch die Weiterbildungsinteressen der Menschen. Teilnehmer/innenorientierung ist für den Erfolg einer Er­wachsenenbildungseinrichtung oberstes Gebot. Deshalb müssen Bildungseinrichtungen jederzeit flexibel sein. Die folgenden fünf Normelemente sprechen diese Offenheit für Teilnehmer/innenwünsche an:

 

·       Designlenkung (4. Element) steht im Zusammenhang mit dem eigentlichen Kursverlauf. Eine ständige Neu- und Weiterentwicklung der Seminare muss gewährleistet sein. Abgestimmt auf Teilnehmer/innenbedürfnisse müssen ständig neue Angebote mit verbesserten Inhalten und Techniken durchgeführt werden (vgl. Pfitzinger 1995, S. 31; Klüber/Löwe 1995, S. 150f).

 

 

·       Prozesslenkung (9. Element) bedeutet aus Sicht der Erwachsenenbildung, durch regelmäßig eingeholte Rückmeldungen der Teilnehmer/innen während eines Kurses den bereits bestehenden und laufenden Prozess des Seminars zu lenken. Fehler und Beschwerden werden erfasst und in das Programm des Kurses eingebracht. Dadurch wird die Qualität der Bildungsmaßnahme kontrolliert, überwacht und im Sinne der Teilnehmer/innen gestaltet (vgl. Pfitzinger 1995, S. 46; Klüber/Löwe 1995, S. 152).

 

·       Die Lenkung fehlerhafter Produkte (13. Element) steht in der Erwachsenenbildung für den Umgang mit Schwierigkeiten und Fehlern. Katrin Klüber und Carsten R. Löwe (1995, S. 152) erklären, dass „...hier z.B. Verfahren zur Behandlung von Beschwerden festgelegt werden“ können. Ihre angegebene Schwierigkeit, dieses ursprüngliche Normelement ohne Interpretationen auf die Erwachsenenbildung zu übertragen, ist an dieser Stelle, ebenso wie in den zwei nachfolgenden Punkten Korrekturen und Überprüfung, nicht nachvollziehbar (vgl. a.a.O., S. 149).

 

·       Die Planung und Entwicklung von Bildungsmaßnahmen ist ständig mit Korrekturen (14. Element) und Verbesserungen verbunden. Eine „...systematische Behandlung von Fehlern und ein Verfahren, wie Informationen über Mängel in die Entwicklungs-, Planungs- und Durchführungsprozesse einbezogen werden...“ (a.a.O., S. 153), müssen hierfür auch in der Erwachsenenbildung sichergestellt sein.

 

·       Eine kontinuierliche Überprüfung (10. Element) der Qualität der Bildungsmaßnahmen ist unbedingt notwendig.

 

Diese Überprüfung wird durch entsprechende Prüfmittel (11. Element) wie Teilnehmer/innenfragebögen, Selbstevaluation und Interview-Checklisten ermöglicht. Verwendete Mittel müssen im Hinblick auf ihre Qualität geprüft und ständig verbessert werden (vgl. Pfitzinger 1995, S. 50ff; Klüber/Löwe 1995, S. 152). Eine Bewertung der Prüfmittel kann durch Ausprobieren in Pilotfachbereichen oder durch Vergleiche mehrerer Instrumente geschehen.

Dieses Herausfinden der passenden Prüfmittel ist für das Bildungshaus von enormer Wichtigkeit, da mit verschiedenen Mitteln auch unterschiedliche Aspekte hinterfragt werden. Folglich muss sich die Einrichtung zu aller erst im Klaren sein, welches Ziel verfolgt wird, um schließlich den passenden Weg der Prüfung herauszufinden.

 

Das Normelement Beschaffung (6. Element) beinhaltet zum einen, wie im Originaltext der Norm, die gelieferten Produkte. In der Erwachsenenbildung sind solche Produkte unter anderem Präsentationsmaterialien, Overheadprojektoren, Lehrbücher sowie Kopiergeräte. Zum anderen sind die von bestimmten Personen wie Dozenten/innen oder Referenten/innen erbrachten Leistungen Inhalt des Elements Beschaffung.

Diese von außen kommenden Produkte und Hilfen müssen auch in der Erwachsenenbildung im Hinblick auf ihre Qualität untersucht werden (vgl. Klüber/Löwe 1995, S. 151). Verwendete Materialien können durch immer wieder angestellte Vergleiche mit anderen Produkten geprüft werden. Eine Kontrolle der Dozenten/innen wird durch intensive Einstellungsgespräche, Hospitationen und Kursbeurteilungsbögen ermöglicht. Diese Untersuchungen sind notwendig, um gute Qualität in den Bildungsmaßnahmen gewährleisten zu können und dadurch auf dem Weiterbildungsmarkt bestehen zu bleiben.

 

Vom Auftraggeber beigestellte Produkte (7. Element) sind Leistungen, die der/die Teilnehmer/in einbringt. Hierunter fallen Teilnahmevoraussetzungen für bestimmte Bildungsangebote oder auch Raumangebote, Anlagen und bestimmte Materialien, die vor allem bei Firmenschulungen eine Rolle spielen können.

Diese Produkte werden einer von der Bildungseinrichtung durchgeführten Prüfung unterzogen (vgl. Pfitzinger 1995, S. 41; Klüber/Löwe 1995, S. 151). 

Alle Elemente, die in den Ablauf und Inhalt von Bildungsveranstaltungen eingebracht werden, müssen notwendigerweise einer Untersuchung standhalten, um sicherzugehen, dass sie die Qualität der Veranstaltungen nicht mindern.

 

Das Normelement Kundendienst (19. Element) in der Erwachsenenbildung meint die andauernde Betreuung von Teilnehmern/innen vor, während und nach der Kursteilnahme.

Diese Norm ist ebenso wie das Element Statistische Methoden (20. Element) in der Weiterbildungsarbeit nur teilweise relevant und muss daher in der Tabelle das Kreuz in der Spalte c haben.

 

 

Die Idee der ISO 9000 Plus als Alternative in der Erwachsenenbildung

 

Eine sinnvolle Alternative einer Übertagung des DIN EN ISO-Gedankens in die Erwachsenenbildung stellt die von Peter Krug (vgl. 1997, S. 116f; ders. 1999, S. 22ff) entwickelte Idee der ISO 9000 Plus dar.

Sein Einfall entstammt aus der Überlegung, ein notwendiges ganzheitliches Qualitätsmanagement für die Weiterbildung zu entwerfen, um der Erwachsenenbildung mit all den von außen gegebenen Einflüssen gerecht zu werden. Aus diesem Grund stellt die ISO 9000 Plus eine Verbindung zwischen dem ISO-Ansatz und der öffentlich geförderten Weiterbildung dar (vgl. Krug 1999, S. 22f).

Sie ist als eine Schnittmengen-Qualitätssicherung (siehe Abbildung 6) zu verstehen. „Hierbei wären in einem korporativen System sowohl die Qualitätssicherungselemente des Staates (...), Aktivitäten der Einrichtungen und Verbände (...) als auch Möglichkeiten und Aktivitäten von Instituten (...) zusammenzuführen“ (Krug 1997, S. 116).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Textfeld: Abb. 6: (entnommen aus: Krug 1999, S. 28)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Kritische Auseinandersetzung mit der DIN EN ISO 9000 ff. im Hinblick auf die Erwachsenenbildung

 

1.   Qualitätsverständnis

Trotz des zu Grunde liegenden Ziels der Teilnehmer/innenorientierung handelt es sich bei der DIN EN ISO 9000 ff. um ein formales Qualitätsverständnis.

Ein erster Schwachpunkt der DIN EN ISO 9001 ist in diesem Zusammenhang die Zertifizierung, die eine Bildungseinrichtung bereits für gut strukturiertes und schriftlich festgehaltenes Vorgehen bei Entwicklungsprozessen erhält. Wie entsprechende Vorgänge qualitativ aussehen müssen, spielt keine Rolle und ist in der Norm auch nicht beschrieben. Es ist Aufgabe einer Erwachsenenbildungseinrichtung, Ziele und Philosophie selbst festzulegen, die als Grundlage der weiteren Arbeit dienen sollen. Folglich wird nicht auf Inhalte der pädagogischen Arbeit Wert gelegt, sondern auf den geregelten Ablauf von Organisationsprozessen (vgl. Stephan 1995, S. 46).

Ein zweiter Schwachpunkt ist die Qualitätssicherung, die von der DIN EN ISO 9000 ff. betrieben wird. Sie setzt immer voraus, dass Qualität bereits vorhanden ist und widerspricht daher einer ständigen Weiterentwicklung von Qualität (vgl. Küchler 1999, S. 7f).

 

2.   Gegenstandsbereich des Qualitätskonzeptes

Wie weit der Gegenstandsbereich der ISO-Zertifizierung letztendlich reicht, bleibt dem Bildungshaus überlassen. Eine Zertifizierung mit Hilfe der DIN EN ISO 9001 kann für einen eng umgrenzten Bereich der Erwachsenenbildungsstätte in Frage kommen, aber auch die ganze Einrichtung betreffen. Folglich bietet die Normenreihe sowohl eine gute Möglichkeit des Einstiegs in das Qualitätsmanagement und des exemplarischen Lernens als auch die Qualitätssicherung eines umfassenden Gegenstandsbereichs.

 

3.   Stärken-Schwächen-Ananlyse

Eine Analyse des Ist-Zustandes wird bei der DIN EN ISO 9000 ff. unumgänglich, denn einer Zertifizierung liegt eine Untersuchung der Bildungseinrichtung anhand der Normenreihe zu Grunde. Für diese Ermittlung ist der Weg über das Beantworten der Normelemente und deren Dokumentation im Qualitätsmanagement-Handbuch vorgegeben (vgl. Pfitzinger 1995, S. 82). Diese Möglichkeit der Erhebung deckt auf, an welchen Stellen noch etwas fehlt, gibt aber keine Erklärungen, wie erkannte Schwachstellen beseitigt werden können.

Bei einer entsprechenden Interpretation der DIN EN ISO 9001 für die Erwachsenenbildung sind neben den Prüfungen der Bildungseinrichtung mit Schwerpunkt auf ihren Organisationsprozessen auch Evaluationen der Kursangebote vorgesehen. Die Normenreihe legt aber nicht fest wie diese aussehen sollen. Hier kommt es letztendlich auf die Erwachsenenbildungseinrichtung an, wo sie Schwerpunkte setzt und wie sie die Normenreihe für ihr Qualitätsvorhaben transferiert (vgl. Klüber/Löwe 1995, S. 150ff).

 

4.   Entwicklungsbezug

Die DIN EN ISO 9000 ff. verlangt eine kontinuierliche Arbeit am QM-System, es müssen alle Normelemente erfüllt sein, um eine Zertifizierung zu erhalten. Durch das Zertifikat wird das Projekt schließlich abgeschlossen. Das Zertifikat ist drei Jahre gültig. Eine erneute Überprüfung des Qualitätsmanagement-Handbuchs findet jährlich statt (vgl. Pfitzinger 1995, S. 88). Laufen alle Prozesse in der Erwachsenenbildungseinrichtung weiterhin wie beschrieben, bleibt die Zertifizierung erhalten.

 

5.   Partizipation

In der Normenreihe sind Forderungen nach Mitarbeiter/innenfortbildungen und Personalentwicklung als wichtiger Aspekt für qualitative Prozessabläufe festgehalten. Diese hier angesprochenen Normelemente verlangen Fortbildungen im Zusammenhang einer Qualitätsverbesserung, nicht aber Fortbildungen und Schulungen zur Einarbeitung und Mitbewertung des Qualitätskonzeptes. Die DIN EN ISO 9000 ff. sieht es als alleinige Aufgabe der Einrichtungsleitung das Qualitätsmanagement-Konzept und die Qualitätspolitik zu bestimmen (vgl. Pfitzinger 1995, S. 21).

 

Die Normenreihe neigt laut Dieter Gnahs (1999, S. 17) „...zur Verschriftlichung und Bürokratisierung von Vorgängen“. Bei diesen anfallenden Tätigkeiten bei einer angestrebten Zertifizierung werden Zuständigkeiten nicht unbedingt in Absprache mit den Mitarbeitern/innen geregelt, sondern von dem/der Leiter/in der Einrichtung bestimmt.

An dieser Stelle besteht ein großer Schwachpunkt der DIN EN ISO-Normenreihe. Eine Identifikation der Mitarbeiter/innen mit dem Qualitätssicherungsvorhaben ist bei einer strengen Orientierung an der DIN EN ISO 9000 ff. nicht gesichert. Eine top-down-Situation ist durch dieses Konzept möglich.

 

6.   Außenwirkung

Das Zertifikat wird für viele Weiterbildungseinrichtungen ein Muss, um mit der Konkurrenz am Markt mithalten zu können. Den Teilnehmern/innen wird damit gezeigt, dass das Erwachsenenbildungshaus auf seine Qualität achtet und sich stets um deren Fortbestehen bemüht. Dadurch kommt eine sehr große Außenwirkung zu Stande.

Nachteilig ist allerdings, dass Außenstehende nur wenig aus den Dokumentationen lesen können, weil Formulare und Qualitätsmanagement-Handbücher Organisationsprozesse beschreiben, die von Laien nicht gesehen werden und schwer nachvollziehbar sind.

Für den/die Teilnehmer/in wird somit der Besitz eines Zertifikats einer Erwachsenenbildungseinrichtung ersichtlich, er/sie kann aber nicht erkennen, an welcher Stelle die Qualität der Einrichtung festzumachen ist.

 

7.   Handhabbarkeit

Die Einführung des Qualitätskonzeptes DIN EN ISO 9000 ff. und eine Zertifizierung benötigen besonders hohen Personal-, Sach- und Finanzaufwand, da alle Prozesse der Einrichtung untersucht und dokumentiert werden müssen (vgl. Gnahs 1999, S. 17). Dennoch ist ein Zertifikat für einen Großteil Bildungseinrichtungen unumgänglich, da viele Teilnehmer/innen ohne diese Auszeichnung die Qualität eines Erwachsenenbildungshauses nicht annehmen. Kleinere Einrichtungen können sich einen solchen Kostenaufwand in der Regel nicht leisten und verlieren somit ihre Chancen auf dem Erwachsenenbildungsmarkt, obwohl sie vielleicht qualitativ hochwertigere Kurse anbieten.

 

9.   Unterstützung

 

Eine Unterstützung durch eine/n externe/n Berater/in ist bei einer Zertifizierung notwendig. Das aus der Wirtschaft stammende Qualitätssicherungskonzept der DIN EN ISO 9000 ff. ist schwer in die Erwachsenenbildung übertragbar. Hilfe bei der Übersetzung der Normelemente und der Vorbereitung für eine Zertifizierung ist unumgänglich. Eine Umsetzungserleichterung stellen die Leitfäden der Normengruppe dar (vgl. Pfitzinger 1995, S. 12).

 

Ergänzende Bewertung

 

Ein Vorteil, der für die DIN EN ISO 9000 ff. und eine Zertifizierung spricht, ist bei Dieter Gnahs (vgl. 1999, S. 17) und Hans-Werner Franz (vgl. 1999, S. 16f) zu finden:

Eine angestrebte ISO-Zertifizierung setzt eine gut durchdachte Struktur im Arbeitsvorgehen voraus. Die gesamten Organisationsprozesse werden überprüft, verbessert und dokumentiert. Nach diesem anfänglich sehr umfangreichen Vorgehen kann sichergestellt werden, dass die Prozesse, wenn sie weiterhin so geregelt werden, wie im Qualitätsmanagement-Handbuch festgehalten, immer richtig und qualitativ ablaufen.

Nicht von Vorteil ist hingegen, dass in der Erwachsenenbildung häufig eine negative Grundstimmung gegenüber der Normenreihe besteht. Sie entsteht, da die Mitarbeiter/innen vor den wirtschaftlichen Begriffen der DIN EN ISO 9000 ff. zurückschrecken und sie aufgrund ihrer Ängste ablehnen. Gelingt ein behutsames Einführen in die Begrifflichkeiten der Normenreihe durch Übersetzungsarbeit in die Pädagogik und Gespräche mit den Mitarbeitern/innen, ist eine effektive Qualitätssicherung möglich. In diesem Zusammenhang fragt sich Norbert Vogel (vgl. 1997, S. 81), ob Normen überhaupt etwas über erwachsenenpädagogische Inhalte aussagen können. Dieter Gnahs (1999, S.17) unterstreicht diesen Einwand indem er feststellt, „...daß die ISO viele Verdienste beim Anschub der Qualitätsdiskussion hat, aber speziell für die Weiterbildung nicht die erste Wahl ist. Sie ist zu sehr verfahrensorientiert und zu wenig inhaltlich-pädagogisch ausgerichtet“.

 

Ein interessanter Gedanke ist die Idee der ISO 9000 Plus von Peter Krug. Sie verdeutlicht, dass in der Erwachsenenbildung ein Vorgehen entlang der DIN EN ISO 9000 ff. eine Reihe anderer wichtiger Aspekte, die für Qualität sprechen nicht beachtet. Eine Übertragung im Sinne eines korporativen Konzeptes ist daher von großer Bedeutung.

 

Eine Anmerkung gilt noch der in der DIN EN ISO 9000 ff. verwendeten  Auffassung von Teilnehmer/innenorientierung. Sie entspricht nicht der Begriffsdefinition, die dieser Arbeit zu Grunde liegt (siehe Punkt 3.3.). Teilnehmer/innenorientierung ist hier im Sinne von Kunden/innenorientierung zu verstehen, da ausschließlich Gegebenheiten angesprochen werden, die im Zusammenhang mit der momentan greifbaren Zufriedenheit der Kunden/innen stehen. Inhalte, die gut für den/die Teilnehmer/in sind, obwohl er/sie diese im Augenblick nicht wahrnimmt, werden nicht berücksichtigt.

Autorin: Sabine Weid/Diplom-Pädagogin (Univ.)

 

Erstellen eines Qualitätsmanagement-Handbuchs (QMH)

 

Der Besitz eines Qualitätsmanagement-Handbuchs ist, wie schon erwähnt, für das Qualitätsmanagement der DIN EN ISO 9000 ff. vorgeschrieben. Es kann aber auch ohne Einführung des Qualitätsmanagement-Systems nach DIN EN ISO 9000 ff. eine Dokumentation in Form eines Qualitätsmanagement-Handbuchs angelegt werden. Das Beschreiben bestimmter Arbeitsprozesse hilft Mitarbeitern/innen und Kunden/innen dabei, das Vorgehen eines qualitativ hochwertigen Ablaufes leichter nachvollziehen und wiederholen zu können.

 

 

Erstellen eines Qualitätsmanagement-Handbuchs für die Erwachsenenbildung

 

Der Aufbau des QMHs orientiert sich an Standards, deren Umsetzung eine Einrichtung anstrebt. Im Falle einer bevorstehenden ISO-Zertifizierung sind diese Standards die Nachweisstufen 9001, 9002 oder 9003 (vgl. Pfitzinger 1995, S. 18). Die Mitarbeiter/innen einer Weiterbildungsinstitution können sich aber auch eigene Qualitätsanforderungen stellen und deren Erreichung in einem Qualitätsmanagement-Handbuch notieren. Von diesen gesetzten Standards hängt das ganze weitere Vorgehen ab. Entsprechend sind für die Entwicklung eines hauseigenen Qualitätsmanagement-Handbuchs einige Gesichtspunkte besonders zu berücksichtigen[1]:

 

·       Beim gemeinsamen Entwickeln eines QMHs, das inhaltlich alle Bereiche einer Bildungseinrichtung erfasst, ist die Beteiligung des gesamten Personals unumgänglich. Ein/e einzelne/r Mitarbeiter/in kann alle relevanten Prozesse von der Arbeit eines Hausmeisters bis zur Leitung des Hauses unmöglich kennen. Das fertige Handbuch soll von allen Mitarbeitern/innen akzeptiert werden und aus diesem Grund nicht von dem/der Leiter/in der Einrichtung übergestülpt werden (vgl. Gnahs 1999, S. 18). Wesentlich größer ist die Gefahr der top-down-Situation und einer Identifizierungsschwierigkeit der Mitarbeiter/innen bei der Übernahme eines bereits bestehenden Handbuchs. Aus dieser Sicht ist das eigene Erarbeiten trotz des höheren Arbeitsaufwandes doppelt sinnvoll.

 

·       Für eine eigene Entwicklung eines QMHs sind zuerst Schulungen für die Mitarbeiter/innen notwendig, deren Inhalt die Vermittlung von Sinn, Aufbau und Erstellungsmethode eines Qualitätsmanagement-Handbuchs ist.

 

·       Als nächstes folgt die genaue Analyse des Ist-Zustandes. Hierbei wird mit allen Mitarbeitern/innen überlegt, wie Arbeitsschritte und Rahmenbedingungen verbessert und optimiert werden können.

 

·       Anschließend werden in gemeinsamen Workshops die entsprechenden Standards festgelegt (siehe Abbildung 15).

Ein wichtiger Gesichtspunkt ist, dass die gesetzten Richtmaße im QMH nicht lediglich beschrieben und in die eigene Sprache übersetzt werden, denn wesentlicher Bestandteil des Handbuchs muss die entsprechende Umsetzung der Anforderungen sein (vgl. Pfitzinger 1995, S. 79).

 

 

 

 

 

 

Textfeld: Abb. 15: (inhaltlich orientiert an: Pfitzinger 1995, S. 79)

Drei Grundregeln beim Erstellen eines QMHs:

 

(1)    Kontinuierlich werden Mitarbeiter/innen-, Teilnehmer/innen- und Nicht-Teilnehmer/innen-Meinungen auf unterschiedlichen Wegen erfragt. Diese erneute Untersuchung des Ist-Zustandes ist notwendig, um sich weiterhin verbessern zu können und zu sehen, ob die Einrichtung die Standards noch erfüllt..

 

(2)    Eine Weiterentwicklung darf nicht das Schreiben eines neuen Handbuchs mit sich bringen, da der Arbeitsaufwand beim Erstellen eines QMHs sehr groß ist (vgl. Pfitzinger 1995, S. 79).

 

(3)   Beim Verfassen eines QMHs ist immer zu beachten, dass das Handbuch auch Teilnehmern/innen zugänglich sein soll. Für die Einrichtung muss daher klar sein, dass im QMH keine schützenswerten Interna der Einrichtung stehen dürfen (vgl. ebd.).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Eine Hilfe für das Entwickeln eines Qualitätsmanagement-Handbuchs für die Erwachsenenbildung: Das SOCRATES-Musterhandbuch

 

Das von der europäischen Union geförderte SOCRATES-Musterhandbuch, erstellt von der Arbeitsgemeinschaft der Bildungsheime Österreichs mit Beteiligung aus Deutschland, Dänemark, Italien und Liechtenstein, ist ein Leitfaden zur Erstellung eines hauseigenen Qualitätsmanagement-Handbuchs.

Die bekannten Qualitätsmodelle EFQM und DIN EN ISO 9000 ff. dienen als Grundlage für die Entwicklung eines neuen Entwurfs. An den Stellen, an denen die bestehenden Konzepte für Volkshochschulen und andere Bildungshäuser nicht ausreichen werden Erweiterungen vorgenommen und umsetzende Maßnahmen vorgeschlagen, an anderen Stellen werden nicht relevante Aspekte weggelassen (vgl. Grilz 1998, S. 2f; Becker 2000, S. 81). Eine wichtige Überlegung von Alois Becker (2000, S. 81) ist das „...QS-System (...) an die Bildungspraxis [anzupassen; d.V.] (...) und nicht umgekehrt“.

 

Das SOCRATES-Musterhandbuch, dessen Inhalte stark an das EFQM-Modell (siehe Punkt 9.2.) angelehnt sind, hat nicht das Ziel einer vergleichenden Selbst- und Fremdbewertung oder einer Zertifizierung, sondern es soll den Stand der Qualitätssicherung der entsprechenden Erwachsenenbildungseinrichtung deutlich machen. Hierfür gibt es als Hilfsmittel eine Reihe Checklisten, die eine Qualitätsentwicklung erleichtern (vgl. a.a.O., S. 82).

 

 

 

 

Kritische Auseinandersetzung mit Qualitätsmanagement-Handbüchern im Hinblick auf die Erwachsenenbildung

 

1.   Qualitätsverständnis

Ein besonders gutes QMH kann entstehen und angelegt werden, wenn das Qualitätsverständnis des Bildungshauses offen ist. Teilnehmer/innen- und Mitarbeiter/innenwünsche sowie erwachsenenpädagogische Belange müssen Platz im Handbuch finden.

 

2.   Gegenstandsbereich des Qualitätskonzeptes

Für ein umfassendes Auseinandersetzen mit Qualitätsmanagement ist es notwendig, dass das QMH möglichst breit gefächert ist und alle qualitätsrelevanten Prozesse einbezieht. Aus diesem Grund ist es wichtig, alle Mitarbeiter/innen und Bereiche der Einrichtung in das Vorgehen zu integrieren.

Ein Qualitätsmanagement-Handbuch bietet aber auch die Möglichkeit, erst einmal in einem kleinen Gebiet der Erwachsenenbildungseinrichtung ausprobiert zu werden.

 

3.   Stärken-Schwächen-Ananlyse

Wie bereits erwähnt sind Stärken-Schwächen-Analysen für die Ermittlung des Ist-Zustandes sowie Reflexionsimpulse für einen stetigen Fortschritt der Bildungsstätte erforderlich. Immer wiederkehrende Stärken-Schwächen-Analysen müssen Inhalt des QMHs sein (vgl. Wesseler 1999, S. 736).

 

4.   Entwicklungsbezug

Schwierig in diesem Zusammenhang kann der Begriff der Qualitätsentwicklung werden, der voraussetzt, dass eine Steigerung der Einrichtungsqualität möglich ist (vgl. Küchler 1999, S. 7f). Es stellt sich die Frage, ob einmal festgeschriebene Arbeitsabläufe noch veränderbar sind. Um eine Kontinuität des QMHs zu gewährleisten, muss es notwendigerweise entsprechende Freiräume haben, dass es Veränderungen zulässt und möglich macht.

Letztendlich liegt es an der Institution und der Motivation der Mitarbeiter/innen, Qualitätsentwicklung als oberste Maxime ihrer Arbeit anzusehen.

 

5.   Partizipation

In der dargestellten Vorgehensweise bei der Entstehung eines Qualitätsmanagement-Handbuchs ist eine bottom-up-Situation gegeben, die unbedingt beachtet werden muss, damit die Mitarbeiter/innen das Vorhaben respektieren und vertreten können (vgl. Gnahs 1999, S. 18).

 

6.   Außenwirkung

Ein Qualitätsmanagement-Handbuch hat immer eine Wirkung nach Außen. Das QMH ist aus diesem Grund von Erwachsenenbildungseinrichtungen für Teilnehmer/innen zugänglich aufzubewahren. Damit die Besucher/innen das QMH auch wirklich nachvollziehen können, muss gleichzeitig darauf geachtet werden, dass das Handbuch verstehbar ist (vgl. Pfitzinger 1995, S. 79).

 

7.   Handhabbarkeit

Das QMH verlangt besonders anfangs viel Personal- und Zeitaufwand. Ist das Buch erstellt und alle wichtigen Organisationsprozesse festgehalten, beansprucht die Aktualisierung des Handbuchs nur noch wenige Ressourcen.

 

9.   Unterstützung

Das Erarbeiten eines Qualitätsmanagement-Handbuchs ist ohne externe Unterstützung kaum möglich. Viel Fachwissen über Aufbau und Inhalte des QMHs ist Voraussetzung für das eigene Anfertigen. Experten/innen sind somit eine große Hilfe bei Vorarbeiten und Erstellung des Buchs.

 

Ergänzende Bewertung

 

Eine Dokumentation im Sinne eines QMHs ist für eine Erwachsenenbildungseinrichtung immer von Bedeutung, da Kurse und Organisationsprozesse durch das Beschreiben und Festhalten der einzelnen Arbeitsschritte vergleichbar werden. Qualitativ gute Handlungen sind dadurch leichter wiederholbar. Es wird deutlich erkennbar und intern nachvollziehbar, wo die Institution gut geregelt ist und wo Veränderungen nötig sind.

 

Wichtig ist die lange Auseinandersetzung mit den Inhalten und Standards des Qualitätsmanagement-Handbuchs, da diese entscheidend für die weitere Tätigkeit und die Philosophie der Weiterbildungseinrichtung sind.

Autorin: Sabine Weid/Diplom-Pädagogin (Univ.)

 

 

Selbstbewertung (Selbstevaluation)

 

Die Selbstbewertung zählt zu den Hauptverfahren von TQM-Systemen. Wie bereits erläutert wurde, ist hier die Bewertung eines jeden Prozesses in der Einrichtung von Bedeutung. Dabei ist sinnvoll, dass die Evaluation auch von den Mitarbeitern/innen und Kursleitern/innen durchgeführt wird, da sie oft einen besseren Einblick in die Arbeitsabläufe haben und diese aus einer praxisorientierten Perspektive beurteilen können.

Selbstevaluation wird allerdings nicht nur innerhalb des TQMs verwendet, sondern ist auch außerhalb ein gängiges Bewertungsverfahren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die acht Schritte der Selbstbewertung (siehe Abbildung 10) spiegeln deutlich auch die wichtigen Prinzipien bei der Einführung des EFQM-Modells wider.

Selbstevaluationsprozesse müssen jedoch in der Erwachsenenbildung in einer anderen Art bzw. Reihenfolge umgesetzt werden. Struktur, Verteilung der Verantwortungen und Größe von Erwachsenenbildungseinrichtungen stellen Aspekte dar, die für einen Umbau des oben abgebildeten Selbstbewertungsprozesses sprechen[2].

Gerade in Bezug auf die Motivation der Mitarbeiter/innen und deren Akzeptanz für das Verfahren erscheint es deshalb sinnvoller, das Element Mitarbeiter schulen an die erste Stelle des Ablaufs zu setzen. Dieser Gesichtspunkt ist mit dem Element Engagement entwickeln zu verbinden bzw. dient hierfür als Voraussetzung. Die hauptamtlichen pädagogischen Mitarbeiter/innen sowie Stellvertreter/innen der Kursleiter/innen und des Verwaltungspersonals müssen von Anfang an in alle Entscheidungsvorgänge integriert sein. In einem späteren Workshop findet dann eine umfassende Einführung in die Selbstbewertungsmaßnahme für alle Beteiligten statt. Aus diesem Grund entsteht für den Selbstevaluationsprozess in der Erwachsenenbildung folgendes Anfangselement: Information/Entscheidung/Workshop.

 

Die Abläufe und Themen in einer Erwachsenenbildungseinrichtung sind weder eindeutig messbar noch erschließen sich immer klare Konsequenzen. Voraussetzung für sinnvolle Veränderungen infolge der Selbstevaluationsmaßnahme ist daher, dass ein besonderes Augenmerk auf die Auswertung gelegt wird. Hierbei sind wieder alle Mitarbeiter/innen einzubeziehen. Ebenso muss sich eine Einrichtung genügend Zeit nehmen und Raum lassen, um über alle wichtigen Anregungen nachzudenken und Kritikpunkte sowie Probleme sorgfältig zu diskutieren und zu prüfen. An dieser Stelle ist auch zu überlegen, ob externe Unterstützung die Auswertungsphase erleichtern kann.

Der Selbstbewertungsprozess wird demgemäß um das Element Ergebnisse auswerten/diskutieren ergänzt.

 

Zur Verdeutlichung der erwachsenenpädagogisch wichtigen Abwandlungen im Selbstevaluationsprozess dient folgende Anpassung des Modells von Vincent Ellis (vgl. 1994, S. 290) an die Anforderungen der allgemeinen Erwachsenenbildung (siehe Abbildung 11).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Verschiedene  Methoden der Selbstbewertung

 

Eine einfache Form der Selbstbewertung ist die Arbeit mit Standardformularen, die auf die einzelnen Elemente des europäischen TQM-Modells bezogen sind und von der EFQM bereitgestellt werden.

Bewertungen müssen jedoch nicht immer anhand der vorgefertigten Formulare erfolgen. Eigens entwickelte Fragebögen oder Checklisten können ebenfalls herangezogen werden. Ergänzend sind auch moderierte Gespräche zwischen Führung und Mitarbeitern/innen oder unter Kollegen/innen sinnvoll (vgl. Ellis 1994, S. 291; Zink 1995, S. 236).

 

In der Erwachsenenbildung ist eine starke Tendenz in Richtung von Selbstevaluation auf der Basis eigenständig definierter Qualitätsstandards vorzufinden. Wobei die Initiative nicht nur von einzelnen Weiterbildungsanbietern sondern vor allem von Trägerverbänden oder international zusammengesetzte Interessensgruppen ausgeht.

Im Folgenden werden daher Beispiele für Selbstbewertungsverfahren vorgestellt, die speziell für die pädagogisch-andragogische Praxis entwickelt wurden. Auf eine Darstellung der EFQM-Standardformulare wird verzichtet.

 

 

Qualitätssicherung durch Selbstevaluation: ein Projekt des Landesverbandes der Volkshochschulen Niedersachsens e.V.

 

Während der 34. ordentlichen Mitgliederversammlung des Landesverbandes der Volkshochschulen Niedersachsens e.V. (1997, S. 37) im September 1995 kommt es zu nachstehender Erklärung:

„Qualität in der Bildungsarbeit mit Erwachsenen kann nicht durch vorgegebene Normen und Standards allein garantiert werden, sondern lebt vom Zusammenwirken und der Kompetenz aller in den Volkshochschulen Tätigen und Lernenden. Sie ist zudem an organisatorische, finanzielle und örtliche Rahmenbedingungen gebunden, die der ständigen Überprüfung und Anpassung bedürfen“.

Qualität kann entsprechend dieser Erklärung also nur in einem fortlaufenden Prozess erhalten werden. Vorgaben, die für alle Einrichtungen feststehen, erscheinen daher nicht zweckmäßig. Trotzdem will der Verband nicht darauf verzichten, einen Orientierungsrahmen vorzugeben, der die volkshochschultypischen Rahmenbedingungen einbezieht. Diese Überlegungen münden in die Entwicklung eines Qualitätssicherungsinstruments, das sowohl das Selbstverständnis der Volkshochschulen und die gesetzlichen Vorgaben für die öffentlich verantwortete Weiterbildung als auch erwachsenenpädagogische Erkenntnisse berücksichtigt. Es entsteht ein Fragebogen zur Selbstevaluation (siehe Anhang 6), der alle Bereiche der Volkshochschularbeit umfasst und trotz seiner vorgegebenen Standards Freiraum zur eigenen Schwerpunktsetzung lässt (vgl. Landesverband der Volkshochschulen Niedersachsens e.V. 1997, S. 30ff).

 

 

Die praktische Anwendung des Fragenkatalogs und der weitere Umgang mit den Ergebnissen

 

Durch die Anwendung des Selbstevaluationsfragebogens soll ein Qualitätsentwicklungsprozess in Gang gebracht werden. Es ist daher sinnvoll, ihn je nach Situation einer Einrichtung einzusetzen. Dabei kann man einzelne Qualitätsbereiche zunächst auch ausschließlich behandeln, wenn hier besondere Dringlichkeit vorliegt. Die Gestaltung des Fragebogens ist so angelegt, dass die Möglichkeit besteht, ihn mit eigenen Kommentaren zu versehen.

Das Entscheidende ist, die Fragen nicht einfach abzuhaken, sondern Vorgehen und Konsequenzen sorgfältig zu diskutieren. Die Einrichtungen werden dazu angehalten, in Folge der Bewertungsmaßnahme konkrete Ziele zur Veränderung zu formulieren und nach der Umgestaltungsphase eine wiederholte Evaluation durchzuführen.

Zusätzlich gibt der Verband den Volkshochschulen Empfehlungen zum Qualitätsmanagement, die über den Einsatz des Selbstevaluationsfragebogens hinausgehen (siehe Abbildung 12). In diesem Zusammenhang werden vor allem projekthafte Vorschläge unterbreitet, um den Prozess der Qualitätskontrolle in Gang zu halten (vgl. Einführung zum Selbstevaluationsbogen des Landesverbandes der Volkshochschulen Niedersachsens e.V. 1997).

 

 

 

Textfeld: Grundsätzliche Empfehlungen zum Qualitätsmanagement




















Abb. 12: (entnommen aus: Einführung zum Selbstevaluationsbogen des Landesverbandes der Volkshoch-schulen Niedersachsens e.V. 1997)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Integriertes Qualitätsmanagement (IQM) in der Weiterbildung

 

Hans-Werner Franz vom Landesinstitut der Sozialforschungsstelle in Dortmund war Mitglied einer international zusammengesetzten Gruppe, die das Integrierte Management (IQM) in der Weiterbildung entwickelte. Das IQM beinhaltet verschiedene Elemente, die für Qualitätsmanagement in der Weiterbildung von Bedeutung sind. So wurde im Rahmen dieses EU-geförderten Projektes auch ein umfangreicher Selbstevaluationsfragebogen (siehe Anhang 7) erarbeitete. Dieses Instrument erleichtert es einer Institution kontinuierlich an der Weiterentwicklung der Qualität nach den Standards der EFQM zu arbeiten und gleichzeitig aber auch eine ISO-Zertifizierung nicht aus den Augen zu lassen. Letzteres wird durch eine jeweilige Zuordnung der relevanten ISO-Normelemente zu den einzelnen Kriterien und Fragestellungen des Selbstevaluationsfragebogens nach dem EFQM-Modell möglich (vgl. Franz 1999, S. 21ff).

Innerhalb des Selbstevaluationsfragebogens werden alle dort vorhandenen Kriterien des EFQM-Modells in die Spalte berufliche Bildung übertragen (vgl. a.a.O., S. 79ff). Der Fragebogen ist nicht ausdrücklich für die allgemeine Erwachsenenbildung vorgesehen, stellt aber auch hier eine Möglichkeit für einen Einstieg in Qualitätsentwicklung dar.

 

Textfeld: Auszug aus dem Selbstevaluationsbogen des IQM



















Abb. 13: (entnommen aus: Franz 1999, S. 91)

 

 

 

 

 

 

Eine optimale Nutzung dieses Selbstbewertungsinstrumentes (Auszug siehe Abbildung 13) setzt voraus, dass jede/r Mitarbeiter/in einer Einrichtung den Fragebogen gewissenhaft ausfüllt. Durch die Bewertungsmöglichkeiten von 0 (niedrig) bis 4 (hoch) für die Einschätzung eines jeden Punktes können konkrete Stärken-Schwächen-Werte errechnet werden. Das heißt auch, dass für jedes Kriterium ein Erfüllungsgrad bestimmt werden kann.

Bei der Auswertung wird deutlich, in welchen Bereichen eine Einrichtung noch Verbesserungen durchführen muss oder wo sie schon Ziele erreicht hat. An den Schwächen kann nach der Erhebungsphase unter Einbezug der im Evaluationsbogen vermerkten Anregungen (siehe zweite Spalte von rechts in Abbildung 13) gearbeitet werden.

Damit das Personal über die genauen Ziele, Verfahrensweisen und Inhalte nicht im Ungewissen gelassen wird, erfolgt im Vorfeld der Selbstevaluation eine umfangreiche Einführung in Form von Workshops (vgl. a.a.O., S. 22f).

 

 

Kritische Auseinandersetzung mit der Selbstbewertung im Hinblick auf die Erwachsenenbildung

 

1.   Qualitätsverständnis

Bei der Beurteilung des Qualitätsverständnisses von selbstevaluativen Maßnahmen fallen zwei Gesichtspunkte ins Gewicht:

Zum einen ist Qualität ein wandelbarer Prozess. Das zeigt sich an der Forderung, dass Selbstevaluation keine einmalige Angelegenheit bleiben darf. Qualität wird von allen Mitarbeitern/innen und Kursleitern/innen sowohl geprägt als auch aufgefasst und ist insofern auch nicht für alle Menschen gleichermaßen definiert. Dementsprechend ist das Qualitätsverständnis von Selbstbewertungen offen angelegt. Hinzu kommt hier auch, dass einer Einrichtungsleitung, die sich für Selbstevaluation durch Mitarbeiter/innen und Dozenten/innen entschließt sofern sie nicht extrem direktiv vorgeht unterstellt werden kann, dass ihr Qualitätsverständnis offen ist.

Zum anderen wird bei allen oben angesprochenen Verfahrensarten – wie aus dem Namen Selbstbewertung schon hervorgeht – der/die Teilnehmer/in nicht berücksichtigt. Die Erhebung läuft ausschließlich intern ab.

Wenn eine Einrichtung allerdings ein offenes Qualitätsverständnis vertritt, muss sie ergänzend zur Selbstevaluation auch die Meinungen der Teilnehmer/innen einholen und berücksichtigen.

 

In der Erwachsenenbildung stellt die Methode der Selbstbewertung ein sehr geeignetes Instrument dar. Sie ermöglicht es auf besondere Weise, erwachsenenpädagogisch relevante Faktoren der Arbeit zu berücksichtigen. Deutlich wird dies am niedersächsischen Fragebogen, der sich inhaltlich an den Alltäglichkeiten der vhs-Praxis orientiert. Durch die Unterteilung in verschiedene Qualitätsbereiche, die nochmals ausdifferenziert hinterfragt werden, wird das niedersächsische Instrument so umfassend, dass jede Volkshochschule die Möglichkeit hat, ihre spezielle Situation und Problematik wiederzufinden, egal wie groß oder klein das Bildungshaus ist. Der Fragebogen dient als Hilfsmittel zur Steigerung der Professionalität in einer Einrichtung, da er den Blick konkret auf die relevanten Bereiche lenkt.

 

2.   Gegenstandsbereich des Qualitätskonzeptes

Selbstevaluation kann in allen Bereichen der Einrichtung oder auch nur punktuell  eingesetzt werden. Sie eignet sich zum Einstieg in die Qualitätsentwicklung ausnehmend gut.

Das niedersächsische Modell stellt besonders für Volkshochschulen einen guten Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit Qualitätsentwicklung dar, da es viele Aspekte der Volkshochschularbeit einbezieht.

 

3.   Stärken-Schwächen-Analyse

Qualitätsmanagement erfordert in allen Bereichen einer Einrichtung eine umfassende Erhebung von Daten. Dies ist in der Weiterbildung problematisch zum einen, weil oft Finanzen und Personal nicht ausreichen, zum anderen, weil sich der Gegenstand der Erwachsenenbildung – die Bildung an sich – nicht so einfach messen lässt. Kritische Selbstbewertung der Dozenten/innen und Mitarbeiter/innen kann oft als einziges Messinstrument für die Qualität der Bildungsmaßnahmen gelten.

 

Bei dem Prinzip der fortlaufenden Selbstbewertung besteht, aufgrund der kontinuierlichen Erfassung von Daten, eine Basis für die Analyse von Prozessen. Es können konkrete Strategien entworfen und wiederum überprüft werden (vgl. Ellis 1994, S. 289f). Generell ermöglicht Selbstbewertung einer Einrichtung, die für sie wichtigen und richtigen Vorgehensweisen zu definieren und eigenständig, ohne externe Rezepte, zu verfahren (vgl. Gnahs 2000, S. 13).

Die Ergebnisse von Selbstevaluation dienen auch als Grundlage für Vergleiche mit anderen Einrichtungen (siehe Benchmarking). Dadurch wird es möglich, sich neue Anregungen für die eigene Arbeit zu verschaffen, Lösungen für Probleme zu erhalten oder Vergleichsdaten zu organisieren (vgl. Ellis 1994, S. 289f).

 

Der fehlende kritische Blick Außenstehender birgt das Risiko in sich, dass mit Selbstevaluationsmaßnahmen wesentliche Mängel und Schwachstellen der eigenen Arbeit übersehen werden. Es kann beabsichtigt oder unbeabsichtigt oberflächlich und schlampig gearbeitet werden. Dabei läuft eine Einrichtung dann Gefahr, sich selbst zu betrügen und, was noch schwerer wiegt, die Öffentlichkeit zu täuschen. Die Maßnahme verkommt und dient dann nur noch als Alibi.

Mit Hilfe von Fremdbewertung können – soweit die finanziellen Möglichkeiten einer Einrichtung das zulassen – die Grenzen der Selbstevaluation überwunden und objektive Vergleichswerte gefunden werden. Eine ausgewogene Mischung aus beiden Bewertungsformen ist jeder erwachsenenpädagogischen Einrichtung zu empfehlen.

 

Abschließend ist noch die innovative Funktion von Selbstbewertung hervorzuheben, wie sie Jürgen Heinen-Tenrich (1999, S. 121f) in der praktischen Arbeit mit dem niedersächsischen Fragebogen erfahren hat: „Mit ihr [der Selbstbewertung; d.V.] werden nicht nur Strukturen beleuchtet, sondern auch Prozesse angestoßen, Befindlichkeiten angesprochen, Verhaltensmuster und soziale Beziehungen thematisiert, Kommunikation und Wahrnehmungen problematisiert und vielfach z.T. liebgewonnene Alltagsroutinen und Selbstverständlichkeiten infrage gestellt“.

 

4.   Entwicklungsbezug

Da die Methode der Selbstbewertung aus dem TQM kommt, ist sie prinzipiell auf Weiterentwicklung ausgerichtet. Außerdem kann die Maßnahme aber auch einzeln oder ergänzend eingesetzt werden.

Dieter Gnahs (2000, S. 17) akzentuiert besonders die umfassende Entwicklungsorientierung von Selbstevaluation, indem er feststellt:

„Selbstevaluation betont den Zusammenhang von Qualitäts- und Organisationsentwicklung und öffnet damit die Perspektive für eine ganzheitliche Sichtweise“.

 

5.   Partizipation

Eine wichtige Besonderheit der Selbstbewertung ist, dass sie es ermöglicht, alle Angehörigen des Bildungshauses an der Ausrichtung auf Teilnehmerorientierung und an der Verbesserung der Arbeitssituationen zu beteiligen. Jede/r Mitarbeiter/in trägt durch Bewertungsprozesse seinen/ihren persönlichen Teil bei (vgl. Ellis 1994, S. 289f). Folglich akzeptieren die Mitarbeiter/innen dieses Vorgehen leichter, da sie selbst ihre Belange mit einbringen können. Die individuelle Lösung zur Qualitätsentwicklung einer Einrichtung wird daraufhin einvernehmlicher angenommen, als das bei übergestülpten externen Konzepten der Fall ist (vgl. Gnahs 2000, S. 17). Alle Beteiligten können sich zunehmend mit ihrer Institution identifizieren und sind bereit, das Verfahren tatsächlich und gewissenhaft anzuwenden.

Ein Einbezug aller Mitarbeiter/innen in die Planungsphase in Form von  Workshops ist für das Vorhaben sehr unterstützend. Auch die eigentliche Auswertung bzw. die Disposition von Folgemaßnahmen darf nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden, sondern muss gemeinsam durchgeführt und diskutiert werden.

 

Die beiden vorgestellten Praxismodelle (Landesverband der Volkshochschulen Niedersachsens e.V., Hans-Werner Franz) gehen auf den Aspekt der Partizipation zu wenig ein. Seine Dringlichkeit wird nicht klar verdeutlicht.

 

6.   Außenwirkung

Mit der Frage der Nachvollziehbarkeit wird ein problematischer Aspekt von Selbstbewertungsmaßnahmen angesprochen. Dabei kommt es ganz darauf an, wie durchschaubar eine Einrichtung ihre einzelnen Schritte dokumentiert und begründet. Diese Notwendigkeit wird gerade beim niedersächsischen Modell nicht ausreichend berücksichtigt.

 

Die Qualitätsstandards, auf denen die Selbstbewertung basiert, werden immer nur einrichtungsspezifisch festgelegt. Dieser anfängliche Vorteil wirkt auf Teilnehmer/innen eventuell verwirrend. Jede Bildungseinrichtung arbeitet mit anderen Schwerpunkten und anderen Standards. Dies ist für Außenstehende nicht mehr leicht nachvollziehbar. Daher ist es zwingend erforderlich, dass eine Einrichtung ihre grundlegenden Qualitätsstandards so offenbart, dass sie für Teilnehmer/innen einsehbar und verständlich sind.

 

Das integrative Modell von Hans-Werner Franz bietet einen Pluspunkt für den Bereich der beruflichen Bildung. Durch den Einbezug der ISO-Normen in den Fragenkatalog kann sich eine Einrichtung auf eine möglicherweise notwendige ISO-Zertifizierung vorbereiten. Weiterbildungsinteressenten aus wirtschaftlichen Domänen können sich gegebenenfalls an einer bekannten Größe orientieren.

 

7.   Handhabbarkeit

Umfassende Datenerhebung ist in der Erwachsenenbildung oft aufgrund der knappen Ressourcen nicht möglich. Selbstevaluation bietet hier einen gangbaren Weg und nicht selten den einzigen, da sie im Vergleich zu anderen Maßnahmen einen relativ geringen Aufwand erfordert (vgl. Stahl 1995, S. 90ff). Es bleibt jedoch die Tatsache bestehen, dass viel Arbeitszeit in die gesamte Evaluation investiert werden muss. An dieser Stelle darf auf keinen Fall gespart werden, da sonst den bereits erwähnten Gefahren Vorschub geleistet wird.

 

9.   Unterstützung

Besonders für die Methode von Hans-Werner Franz ist es dringend anzuraten, externe Beratung hinzuzuziehen. Im Falle des niedersächsischen Selbstevaluationsfragebogens sind zumindest die Anfangsworkshops für den Umgang mit dem Fragenkatalog zweckmäßig. Dies gilt prinzipiell für alle Selbstevaluationsverfahren. Unterstützung von Experten/innen ist gerade auch dann ratsam, wenn eine Einrichtung ihr eigenes Erhebungsinstrument konstruieren will. Dennoch ist eine Institution, die mit Selbstbewertungsverfahren arbeitet, nicht zwingend an Hilfe von außen gebunden.

 

 

Ergänzende Bewertung

 

Die Übersetzung des Selbstbewertungsgedankens in die Pädagogik fällt nicht sehr schwer. Sie deckt sich in weiten Teilen mit Reflexionsmethoden, denen in der pädagogischen Praxis eine enorme Bedeutung zukommt. Insofern dient sie der Herabsetzung von Hemmschwellen gegenüber der Idee der Qualitätsentwicklung (vgl. Gnahs 2000, S. 17).

Weiterbildung mit Erwachsenen setzt ein hohes Maß an Selbständigkeit voraus. Das gilt für Dozenten/innen und hauptberufliche pädagogische Mitarbeiter/innen gleichermaßen. Eine ausschließlich externe Evaluation widerspricht diesem Grundsatz.

Zu beachten ist, dass eine derartig intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit, wie sie bei der Selbstbewertung notwendig ist, bei allen Beteiligten Wahrnehmungskompetenzen und kommunikative Fähigkeiten voraussetzt. Fehlen diese, können Prozesse nicht ausreichend aufgenommen und beurteilt werden. Ein Selbstevaluationsfragebogen ist sinnvoll, solange Mitarbeiter/innen bereit sind, selbstkritisch auf ihre Praxis zu blicken. Mangelt es an dieser Bereitschaft, geht jede Aussagekraft der Ergebnisse verloren. Zudem wird ohne entsprechende Kompetenzen eine gemeinsame Auswertung und Besprechung der Ergebnisse nahezu unmöglich. Diese stellen jedoch sehr wichtige Komponenten im Hinblick auf die Qualitätsentwicklung einer Einrichtung dar. Es gilt demzufolge, selbstevaluative Kompetenzen zu fördern und Vertrauen in die Fähigkeiten von Mitarbeitern/innen zu setzen, um einen großen Schritt in Richtung Qualität zu unternehmen (vgl. Stahl 1995, S. 90ff).

 

Für die Erwachsenenbildung kristallisiert sich zusätzlich die Frage, wie einrichtungsübergreifende Qualitätsstandards gesteckt werden können, heraus. An dieser Stelle ist eine Grenze der Selbstbewertung erreicht. Der Vorteil der individuellen Lösung schlägt in den Nachteil der Unüberschaubarkeit um (vgl. Gnahs 2000, S. 17).

Autorin: Alexandra Szymaniak/Diplom-Pädagogin (Univ.)

Das DIE-Projekt Qualitätssicherung in der Weiterbildung QUEB: Ein Versuch zur einrichtungsspezifischen Entwicklung von Qualitätskonzepten in der erwachsenenpädagogischen Praxis

 

Das QUEB ist eine gute Basis für die Auseinandersetzung mit Qualitätsentwicklung in der Erwachsenenbildung. Die sehr differenzierte Beschreibung der Vorgehensweisen in den einzelnen Einrichtungen ermöglicht einen guten Überblick über relevante Aspekte im Umfeld von Qualitätsentwicklung.

 

Felicitas von Küchler und Klaus Meisel (vgl. 1999a, S. 12; 1999b, S. 7f) erläutern das DIE-Vorhaben nicht als Orientierung an einem einzelnen Managementansatz. Das Konzept versucht mit vielen Elementen aus unterschiedlichsten Ansätzen ein breites Angebot für Erwachsenenbildungsinstitutionen zu schaffen. Gemeinsam wird nach passenden Konzeptelementen gesucht, da jedes Bildungshaus individuelle Strukturen, Arbeitsplätze und pädagogische Inhalte vorweist. Eine Implementierung von vorgefertigten Modellen kommt für die Mitarbeiter/innen des DIE nicht in Frage.

Schwerpunkt des Vorhabens ist die Unterstützung, Begleitung und Beratung der verschiedenen Institutionen mit einer individuellen Konzeptentwicklung (vgl. ebd).

 

Das DIE versteht Qualität als einen umfassenden Begriff, der das Zusammenspiel vieler einzelner Gebiete einer Erwachsenenbildungeinrichtung enthält und dessen „...Weiterentwicklung (...) prozessorientiert, bereichs- und funktionsübergreifend begriffen...“ (DIE 2000, Internet) wird.

In diesem Sinne beabsichtigt Qualität eine verbesserte Kommunikation innerhalb und außerhalb der Institution. Für das DIE-Projekt hat das zur Folge, dass alle Betroffenen in den Vorgang der Qualitätsentwicklung einbezogen werden (vgl. DIE 2000, Internet; Meisel/Küchler 1998, Internet).

 

Die Erfahrungen und Ergebnisse des DIE zeigen, dass jede teilnehmende Einrichtung gänzlich das Qualitätsvorhaben anders begonnen hat. Ebenfalls wird deutlich, dass viele der Bildungsanbieter zunächst nur einen Einstieg in das Qualitätsthema gefunden haben. Umfassende Qualitätskonzepte wurden eher selten erlangt, wobei dies auch nicht die oberste Priorität des Vorhabens war (vgl. Heinhold-Krug/Claussen 1999, S. 20ff; Klenk 1999, S. 179ff; Ellerbrock 1999, S. 112ff).

Autorin: Sabine Weid/Diplom-Pädagogin (Univ.)

 

 

Empfehlungen zum einrichtungsspezifischen Vorgehen bei der Qualitätskonzeptentwicklung in der allgemeinen Erwachsenenbildung

 

Versuch einer alternativen Vorgehensweise bei der Qualitätskonzeptentwicklung

 

 

Im Folgenden wird versucht, einen alternativen Weg einzuschlagen, indem viele Einzelaspekte zu einem neuen Vorgehen zusammengetragen werden. Erkenntnisse aus der Bewertung einer Vielzahl unterschiedlicher Qualitätskonzepte und –einzelverfahren werden hierfür herangezogen. Ausgangspunkt ist vor allem die Orientierung an dem Partizipationsprinzip des bottom-up. Daraus leitet sich eine inhaltlich offene Gestaltung des Ansatzes ab[3].

 

 

Wichtige Bestandteile pädagogischer Konzepte

 

Zur Professionalität in der Erwachsenenbildung gehört es, alle Schritte des Vorgehens nachvollziehbar zu gestalten. Folglich müssen bei der Erstellung von Konzepten bestimmte Richtlinien beachtet werden. Die Konzeption einer Einrichtung beinhaltet die Grundlage der täglichen Arbeit. Qualitätskonzepte sind nichts vollkommen Neues, sie erweitern unter anderem Namen die bisherigen pädagogisch begründeten Vorstellungen (vgl. Schlutz 1995, S. 28).

 

Marianne Hege und Karlheinz A. Geißler (vgl. 1995, S. 22ff) schlagen  Teilaspekte, die in Konzepte integriert werden müssen, vor. Zum einen werden auf diesem Wege pädagogische Konzeptionen vergleichbar gemacht. Zum anderen können Institutionen die für ihre Bedürfnisse richtige Basis finden und belegen. Entsprechend ihrer Auslegung ist ein Konzept „...ein Handlungsmodell, in welchem die Ziele, die Inhalte, die Methoden und die Verfahren in einen sinnhaften Zusammenhang gebracht sind. Dieser Sinn stellt sich im Ausweis der Begründung und der Rechtfertigung dar“ (a.a.O., S. 23).

 

Die einzelnen Elemente eines Konzeptes (vgl. a.a.O., S. 24ff):

 

·       Ziele

Für das Entwickeln eines Konzeptes ist eine Zielsetzung notwendig. Erst wenn bekannt ist, was erreicht werden soll, kann das weitere Vorhaben überlegt werden.

 

·       Methode

Marianne Hege und Karlheinz A. Geißler (a.a.O., S. 24) erläutern: „Die Methode ist ein vorausgedachter Plan der Vorgehensweise“. Sie orientiert sich an den Vorgaben durch die Zielsetzung und dient zu deren Verwirklichung.

 

·       Verfahren

Verfahren, häufig auch als Techniken oder Strategien bezeichnet, sind Einzelelemente von Methoden. In der Wahl der Verfahren spiegelt sich die Methode.

 

·       Inhalte

Ziele, Methoden und die dazugehörigen Verfahren ergänzen sich gegenseitig und ermöglichen das Arbeiten an und mit konkreten Inhalten.

 

·       Rechtfertigung und Begründung

Bezogen auf die Ziele und somit auf das gesamte Konzept sehen Geißler und Hege einerseits eine Rechtfertigung als notwendig an. Andererseits ist es ebenso zwingend, durch eine Begründung das beabsichtigte Vorgehen zur Erreichung der Ziele zu klären.

 

Trotz dieser feststehenden Elemente haben Konzepte keine dauerhafte und einrichtungsübergreifende Gültigkeit. Sie sind immer im historisch-gesellschaftlichen Kontext zu sehen und dürfen nicht verallgemeinert werden (vgl. a.a.O., S. 24).

 

Wichtige Rahmenbedingungen für die Entwicklung eines einrichtungsspezifischen Qualitätsansatzes

 

Neben den von Geißler und Hege beschriebenen grundlegenden Elementen von Konzepten müssen weitere Faktoren bei der Qualitätskonzeptentwicklung berücksichtigt werden. Diese werden im Folgenden als Rahmenbedingungen bezeichnet und  beziehen sich auf jene Kriterien, die im Umfeld der Konzeptentwicklung Bedeutung haben.

 

Im Verlauf der Untersuchung (die Details sind hier nicht veröffentlicht) wurden bisher drei Aspekte angesprochen, die bei der Einführung und Entwicklung eines Qualitätsmanagement-Konzeptes wesentlichen Einfluss besitzen:

 

-                            Mitarbeiter/innenbeteiligung (Partizipation, bottom-up)

-                            Teilnehmer/innenbeteiligung

-                            externe Unterstützung (externe Experten/innen)

 

Wenn von Rahmenbedingungen einer Einrichtung die Rede ist, kommen jedoch eine ganze Vielzahl von möglichen Faktoren in Betracht. Je nach Institution und Selbstverständnis werden andere Seiten ins Gewicht fallen. Klaus Meisel (vgl. 1999, S. 245 ff) und Katja Friedrich (vgl. 1999, S. 173 ff) haben jeweils eine Übersicht an bezeichnenden Rahmenbedingungen zusammengetragen, die für viele erwachsenenpädagogische Einrichtungen Gültigkeit haben. Beide Autoren beziehen ihre Erkenntnisse aus der Tätigkeit im Rahmen des DIE-Projektes und beachten entsprechend einrichtungsspezifische Unterschiede:

 

·       Von besonderer Bedeutung ist zunächst eine hinter dem Vorhaben stehende Einrichtungsleitung. Dies ist entscheidend, um Mitarbeiter/innen zu motivieren und für die Idee zu begeistern. Die Führungskraft ist ein Vorbild für alle Mitarbeiter/innen.

 

·       Zur Gewährleistung einer gründlichen und kontinuierlichen Auseinandersetzung mit dem Gegenstand ist es wichtig, eine/n Qualitätsbeauftragte/n zu wählen. Er/Sie wird von seinen/ihren alltäglichen Arbeiten entlastet und kann sich so intensiv der Frage des Qualitätsmanagements zuwenden. Für die Mitarbeiter/innen ist er/sie Ansprechpartner/in bei Problemen und Bindeglied zwischen Mitarbeitern/innen, Leiter/in der Einrichtung und externer Beratung.

 

·       Zusätzlich positive Aspekte für die Qualitätskonzeptentwicklung sind eingeplante Freiräume. Qualitätsentwicklung bedeutet einen langen Prozess, für den genügend Zeit einkalkuliert und kleine Zwischenziele gesteckt werden müssen, damit Mitarbeiter/innen engagiert bleiben und den Vorgang nicht als Belastung empfinden. Die Planung muss vor allem realistisch bleiben, so dass immer wieder kleine Erfolge zu sehen sind.

 

·       Ebenso ist es erforderlich, Zeit und Gelegenheit für die Teilnahme an Mitarbeiter/innenfortbildungen zu geben. Einerseits lernen die Mitarbeiter/innen mit Fortbildungen Inhalte und andererseits praktizieren sie durch die Maßnahme bereits einen Teil der Qualitätsentwicklung.

 

Bei Dieter Gnahs (vgl. 2000, S. 18f) lassen sich ergänzend zu Meisel und Friedrich noch zwei zusätzliche Rahmenbedingungen finden:

 

·       Jede Einrichtung benötigt für die eigene Entwicklung ein Basiswissen über die vorhandenen Konzepte und Verfahren zur Qualitätsentwicklung, um auf dieser Grundlage einen gangbaren, eigenen Weg einzuschlagen.

 

·       Bevor zur eigentlichen Konzeptentwicklung übergegangen wird, ist es sinnvoll, eine Ist-Analyse über den Ausgangspunkt für die Konzeption zu erstellen. So kann bestimmt werden, an welchen Stellen besonderer Handlungsbedarf besteht.

 

Zusätzlich betont Rolf Arnold (vgl. 1996, S. 78) die Notwendigkeit einer Abstimmung der institutionellen Rahmenbedingungen mit den pädagogischen Anforderungen.

Entwurf eines Strukturmodells zum einrichtungsspezifischen Vorgehen bei der Qualitätsentwicklung in der allgemeinen Erwachsenenbildung

 

Für das weitere Vorgehen dienen verschiedene Praxisbeispiele, Empfehlungen und Checklisten zur Entwicklung von Qualitätskonzepten als Ausgangspunkt (vgl. Grilz 1998, S. 29ff; Ogrzall 1998, S. 19ff; Arnold 1997, ders. 1996a, S. 78; S. 58f; Siebert 1997, S. 207; Franz 1999, S. 67ff). Bei einem Vergleich der Beispiele stellen sich deutliche Gemeinsamkeiten heraus. Grundbedingungen, die von allen Autoren als belangreich erachtet werden, fließen in den nachstehenden Entwurf für das Verfahren bei der einrichtungsspezifischen Qualitätskonzeptentwicklung ein.

 

Das im vorangegangenen Kapitel beschriebene Projekt des DIE basiert auf einer ausschließlichen Beratung und Begleitung der Einrichtungen bei der Qualitätskonzeptentwicklung. Das folgende Modell geht einen Schritt weiter, indem es immer wiederkehrende Anforderungen an die Konzepte integriert und als für Qualitätsentwicklung notwendige Überlegungen festlegt. Dabei sind keinerlei inhaltliche oder normative Vorgaben enthalten, es handelt sich lediglich um eine Strukturierungshilfe.

 

Textfeld: Abb. 21
Textfeld: Zielanalyse

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Erklärung der Elemente des Strukturmodells[4] (siehe Abbildung 21)

 

·       Leitbild

 

Immer wieder wird im Zusammenhang mit der Qualitätsentwicklung auf die Beschäftigung mit dem Leitbild einer Institution hingewiesen. Es steht der gesamten Arbeit voran und überspannt sie als Unternehmensphilosophie (vgl. Grilz 1998, S. 29; Siebert 1997, S. 207; Arnold 1997, S. 58; DVV 2000, S.48ff).

Das zu Grunde liegende Leitbild der Tätigkeiten einer Weiterbildungseinrichtung muss also deutlich gemacht werden und dient als Basis für alle zukünftigen Handlungen. Dabei steht besonders die Identifikation aller Mitarbeiter/innen mit dem Leitbild im Vordergrund.

 

Erst aus der Leitbilddiskussion kann eine Erwachsenenbildungsinstitution ihre eigene Qualitätsauffassung herleiten (vgl. Nuissl/Rhein o. J., S. 171). Aus diesem Grund muss sie immer bereits im Vorfeld einer Qualitätsdiskussion stattfinden. Wenn eine Einrichtung an dieser Stelle mit Hilfe von Magers (vgl. 1975, S. 45ff) Zielanalyse vorgeht, hat sie bereits wichtige Schritte für die weiteren Entwicklungsphasen unternommen. Die erste Phase der Analyse erlaubt es, alles anzusprechen, was mit der Arbeit erreicht werden soll. Das Augenmerk liegt in diesem Fall nicht auf Messbarkeit, sondern darauf, alle Wünsche und Einstellungen, die in den Köpfen der Mitarbeiter/innen wirken, einzubringen.

 

 

·       Ziele

 

Aus dem die gesamte Institution überspannenden Leitbild ergeben sich deutliche Zielformulierungen im Hinblick auf die Qualitätsanforderungen. Diese müssen als Grob- und Feinziele sowie als qualitative und quantitative Ziele festgehalten werden (vgl. Ogrzall 1998, S. 21). Je genauer hier formuliert wird, desto konkreter lassen sich Zielsetzungen später umsetzen, messen und modifizieren.

Die Ziele und das oben genannte Leitbild müssen in ihrer Relevanz für das Konzept gerechtfertigt werden. Dadurch wird einerseits der Sinn und die Intention des Qualitätskonzeptes auch nach außen hin vertretbar und andererseits gewährleistet, dass die Weiterbildungseinrichtung nicht an ihrem eigentlichen Bedarf vorbeiplant (vgl. Geißler/Hege 1995, S. 37ff).

 

 

·       Qualitätsbereiche

 

Qualität in der Erwachsenenbildung unterteilt sich in mehrere Sektoren. Ogrzall (vgl. 1998, S. 23) und Zink (vgl. 1995, S. 47) sprechen in diesem Zusammenhang von der Berücksichtigung der Mehrdimensionalität von Qualität, die erforderlich ist, um die Komplexität von Weiterbildung zu erfassen.

Im vorliegenden Modell wird eine Differenzierung in fünf Qualitätsbereiche – Einrichtungs-, Vorfeld-, Durchführungs-, Erfolgs- und  Transfer-Qualität – vorgenommen (siehe Punkt 6.1.). Diese Untergliederung erleichtert es einer Erwachsenenbildungsinstitution, der Unterschiedlichkeit der Bedingungen gerecht zu werden.

Die vorab artikulierten Zielsetzungen einer Weiterbildungsinstitution lassen sich den gewählten Qualitätsbereichen zuordnen. Wenn bei der Zielformulierung mit einem Verfahren wie Magers (vgl. 1975, S. 48ff) Zielanalyse gearbeitet wurde, sind für diesen Schritt und auch den folgenden bereits wichtige Vorarbeiten geleistet worden.

·       Standards

 

Die einzelnen Qualitätsbereiche werden auf der Basis der Zielformulierungen konkretisiert. Das heißt, es werden Standards festgeschrieben, die den jeweiligen Qualitätsbereich detailliert beschreiben bzw. die erforderlich sind, um von der Erreichung eines Ziels zu sprechen. Je greifbarer Standards ausdrückt werden, desto leichter sind Erfolge, Veränderungen oder Ist-Zustände zu messen (vgl. Gnahs, 1995, S. 47; Mager 1975, S. 67).

 

 

·       Methoden der Personal-, Organisationsentwicklung und der Teilnehmer/innenbeteiligung

 

In Punkt 11 wurde geklärt, dass sich alle Verfahren drei Bereichen zuordnen lassen:

-                            Personalentwicklung

-                            Organisationsentwicklung

-                            Teilnehmer/innenorientierung (im Strukturmodell – Abbildung 21 – als Teilnehmer/innenbeteiligung bezeichnet)

 

Ein ausgewogenes Konzept stellt sich aus Methoden der drei genannten Sektoren zusammen.

Bei der Methodenwahl und bei der Wahl der entsprechenden Verfahren, Techniken und Strategien muss darauf geachtet werden, eine ausreichende Begründung hinsichtlich ihrer Relevanz zur Zielerreichung zu geben (vgl. Geißler/Hege 1995, S. 39f).

 

 

·       Verfahren, Instrumente, Strategien

 

Diese Ebene des Modells gibt den Hinweis, dass sich eine Einrichtung immer auch genaue Verfahrensweisen überlegen muss, mit deren Hilfe sie im Qualitätsentwicklungsprozess arbeiten wird. Hierunter fallen alle in Punkt 10 eingeführten Einzelverfahren. Es sind aber auch andere Maßnahmen denkbar.

Zu diesem Zeitpunkt werden ebenfalls Zuständigkeiten geklärt und verteilt.

 

Alle beschriebenen Schritte des Qualitätsentwicklungs-Strukturmodells müssen dokumentiert werden. Nach der ersten Planungsphase wird der Entwurf in der Praxis angewendet und auf eine Probephase folgen Evaluierungsmaßnahmen. Diese werden mit der ersten Ist-Analyse und dem Konzeptentwurf verglichen. Entsprechend finden in einer weiteren Planungsphase Anpassungen und Verbesserungen des Qualitätskonzeptes statt (vgl. Gnahs 2000, S. 19ff).

 

 

Nähe und Abgrenzung zum Modell der EFQM

 

Das beschriebene Vorgehen weist in vielen Bereichen, wie z. B. Berücksichtigung und Einbezug der ganzen Einrichtung, Wichtigkeit von Philosophie und Zielen, Ähnlichkeiten mit dem EFQM-Modell auf. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das europäische Qualitätsmanagement-Modell als einer der umfassendsten Qualitätsansätze angesehen wird. Das vorgestellte Modell präskribiert nicht in so viele Details wie der wirtschaftliche Entwurf. Es gibt keine genauen Handlungsanweisungen vor, um die einrichtungsspezifischen Bedingungen und Bedürfnisse besser beachten zu können und um nicht durch einen enormen Umfang vom Vorhaben der Qualitätsentwicklung abzuschrecken.

Dennoch werden Strukturen zur Orientierung gegeben, die dann auch Außenstehende in die Lage versetzen, das Verfahren und das Konzept der Institution nachzuvollziehen.

 

 

Kritische Auseinandersetzung

 

Obwohl das Strukturmodell an sich kein Qualitätskonzept darstellt, soll es im Folgenden einer kritischen Auseinandersetzung unterzogen werden. In diesem Fall wird von einer Metaebene ausgegangen und hinterfragt, ob das Modell zu einer Konzeptentwicklung, die die angesprochenen Kriterien beinhaltet, befähigt.

 

1.   Qualitätsverständnis

Die Priorität der Leitbilddiskussion ermöglicht ein Auseinandersetzen mit dem Qualitätsverständnis, das eine Institution ihrer Arbeit zu Grunde legt. Inwieweit es sich um ein offenes oder um ein formales Qualitätsverständnis handelt, wird aus den Ergebnissen des intensiven Meinungsaustausches der Mitarbeiter/innen deutlich.

 

2.   Gegenstandsbereich des Qualitätskonzeptes

Die Qualitätsentwicklung anhand des Strukturmodells gestattet eine differenzierte Betrachtung des Gegenstandsbereichs. Maßgeblich wird hierbei die Zielsetzung bestimmend sein. Es ist denkbar, dass es zu einer Unterteilung des Gegenstandsbereichs kommt, in der auf der einen Seite Ziele stehen, die nur einzelne ausgewählte Elemente des Weiterbildungsanbieters betreffen, und auf der anderen Seite Ziele formuliert sind, die einen größeren Rahmen der Einrichtung einbeziehen.

 

3.   Stärken-Schwächen-Analyse

Die Integration von Stärken-Schwächen-Analysen in den unterschiedlichsten Formen ist ein wesentlicher Bestandteil des Strukturmodells. Es werden keine Vorgaben gemacht, welche speziellen Arten der Evaluation gewählt werden sollen. Jedoch besteht kein Zweifel an der Tatsache, dass evaluiert werden muss.

Die Frage nach der innovativen Qualität einzelner Bewertungsverfahren kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Prinzipiell wird allerdings die Wahl kreativer Methoden bei der Anwendung des Strukturmodells begünstigt, da alle am Bildungsprozess Beteiligten ihre Anregungen in den Qualitätsentwicklungsprozess einbringen können.

 

4.   Entwicklungsbezug

Beim Entwicklungsbezug verhält es sich ähnlich wie beim Gegenstandsbereich des Konzeptes. Die differenzierte Zielsetzung sichert das Herausgreifen von sowohl kurzfristigen, abgeschlossenen Aspekten als auch von kontinuierlicher Qualitätsentwicklung.

 

5.   Partizipation

Partizipation wird durch das Strukturmodell nicht nur ermöglicht, sondern sie ist auch ein elementarer Bestandteil der gesamten Qualitätskonzeptentwicklung und wird im Rahmen seiner Vorgaben als Voraussetzung festgeschrieben.

 

6.   Außenwirkung

 

Inwieweit eine Erwachsenenbildungseinrichtung mit ihren Qualitätsentwicklungsvorhaben und entsprechenden Aktivitäten an die Öffentlichkeit geht, bleibt offen. Die Forderung des Strukturmodells, auch Dozenten/innen und Teilnehmer/innen am Qualitätskonzeptentwicklungsprozess zu beteiligen, gewährleistet jedoch bei diesen Gruppen, den Anforderungen des Kriteriums Außenwirkung gerecht zu werden.

 

 

 

7.   Handhabbarkeit

Qualitätskonzeptentwicklung anhand der Strukturhilfe ermöglicht es einer Institution, sich an den vorhandenen Ressourcen zu orientieren. Jedes Bildungshaus kann entsprechend planen und dabei verhindern, ein Projekt aufgrund mangelnder finanzieller, personeller oder materieller Ausstattung abbrechen zu müssen.

 

9.   Unterstützung

Zumindest in der Anfangsphase der Konzeptentwicklung ist externe Unterstützung dringend notwendig. Später können immer mehr Elemente von dem Weiterbildungsanbieter eigenständig getragen werden. Hier kommt es darauf an, für welche Maßnahmen der Qualitätsentwicklung und des Qualitätsmanagements die Entscheidung letztendlich fällt.

 

Ergänzende Bewertung

 

Das Strukturmodell ist für jeden Einrichtungstyp anwendbar und dient als Leitfaden bei der Qualitätsentwicklung. Die Ausgangssituation einer Institution ist nicht entscheidend. Mit Hilfe des Modells kann an jeder Stelle des Qualitätsentwicklungsprozesses eingestiegen werden.

Autorin: Alexandra Szymaniak/Diplom-Pädagogin (Univ.)

 



[1] Das Vorgehen zur Erstellung von QMHs in der Erwachsenenbildung beinhaltet neben den Überlegungen der genannten Autoren auch eigene [d.V.].

[2] Die folgenden Ausführungen basieren auf eigenen Überlegungen [d.V.].

[3] Die Idee für dieses Vorgehen basiert auf eigenen Überlegungen [d.V.].

[4] Das Strukturmodell stellt eine eigene Entwicklung dar [d.V.].